Petra Joy Interview: Die Sinnlichkeit der Verführung

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Bereits mit ihrem ersten Werk „Sexual Sushi“ sorgte die unabhängige Filmemacherin Petra Joy für Aufsehen und mit „Female Fantasies“ erscheint demnächst der Nachfolger. Während der Dreharbeiten dazu sprachen wir mit Petra Joy über das neue Sexshop Angebot für Frauen, ihre Bedürfnisse und Lust an Pornos, ihre Karriere und die Sinnlichkeit der Verführung.

Petra Joy Strawberry Seductress LogoLass uns doch bitte erstmal über Deine Person sprechen. In Deiner Wahlheimat England bist Du ja unlängst bekannter als in Deutschland, wo Du geboren und aufgewachsen bist. Laut Deiner Biographie hast Du mit sechs Jahren Deine erste Kamera bekommen. Was hat Dich damals wie heute am Filmen und Fotografieren fasziniert?

Ich liebe es Bilder zu gestalten und mit ihnen die Essenz eines Augenblicks einzufangen, die ich dann an die Betrachter weitervermitteln kann. Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte. Die Bildersprache ist weitgehend international und kann innerhalb von Sekunden den Betrachter inspirieren.

In diesem Zusammenhang steht in Deiner Biographie auch, dass Du die Jahre danach in der Dunkelkammer zu gebracht hast. Hört sich zwar außergewöhnlich an, aber ich denke mal das Du Deine Jugend sicherlich auch noch mit anderen Dingen verbracht hast, oder?

Meine schönsten Jugenderinnerungen sind aufregende Ausandsreisen (immer “ins Blaue”, nie pauschal), die Natur zu entdecken und erforschen und kreativ zu sein – am liebsten mit der Kamera oder in der Dunkelkammer…

Du hast, wenn ich es richtig in Erinnerung habe, Englisch, Geschichte und Filmstudien in Köln studiert und abgeschlossen. War Dein Ziel dennoch von Anfang an als Fotografin und Filmemacherin zu arbeiten?

Ja, ich habe schon vor meinem Magisterabschluss, während des Studiums, meine Fotografien veröffentlicht, Artikel fuer diverse medien-analytische Zeistchriften geschrieben und auch als freie Autorin Beiträge für das Fernsehen gestaltet.

Du hast neben Foto-Reportagen auch Filme gemacht und fürs Fernsehen gearbeitet. Hatte das auch schon mit Erotik zu tun oder worum ging es damals?

Ich arbeite immer noch als Autorin für das Fernsehen und gestalte auch Werbefilme. Meine wichtigsten Themen sind “Reisen”, “Portraits” und “Erotik”.

Petra Joy BildSpäter hast Du anderem auch bei PRO 7 für die Sendung „Liebe Sünde“ gearbeitet. Wie ist es dazu gekommen und was waren Deine Erfahrungen damals mit der Sendung als auch mit dem Thema Erotik im TV?

Der Sendeplatz war fantastisch. Er war innovativ und wir durften kreativ sein, statt 08/15 Nummern am Fliessband produzieren zu müssen. Es war eine echte Herausforderung statt der üblichen Hausmannskost von “tits and ass TV” Erotik mit Kopf und Kreativitat zu gestalten.

Was führte Dich dann nach England und was veranlasste Dich 2003 Deine Firma Strawberry Productions zu gründen?

Ich arbeite hier als freie Korrespondentin und lebe nun schon seit 15 Jahren auf der Insel. Strawberry Seductress wurde aus dem Wunsch geboren, Erotik fuer Frauen zu schaffen, da es leider immer noch sehr wenig visuelles Material gibt, das „Frau“ antoernt. Am Anfang stand mein Fotostudio, in dem ich auch heute noch private shoots für Frauen und Paare anbiete, die mehr wollen als die ueblichen Glamour- und Porno Klischees. Mir liegt daran Frauen nicht im Stil einer Porno Gussform zu clonen, sondern zu zeigen, was jede individuelle Frau sinnlich macht. Ob sie Cellulite, kleine Brueste oder Falten hat ist dabei egal. Es geht Selbstakzeptanz auch wenn „frau“ nicht perfekt ist. Wer selbstbewusst ist, ist sexy. Bei den Paaren geht es mir darum das Knistern einzufangen, was Mann und Frau nur sehr schwer mit dem Selbstauslöser schiessen koennte.

Kannst Du die Arbeit von Strawberry SEDUCTRESS ein wenig erläutern?

Ich bin eine unabhägnige Fotografin, Filmemacherin und Autorin, die kreative Erotik Welten schafft. Der Name, übersetzt “Die Erdbeerverführerin”, bezieht sich auf “geschmackvolle” Erotik, die alle Sinne anspricht und nicht nur zwischen den Beinen abläuft. Ich liebe auch die Idee der “Verführung”. Das ist eine Kunst, die oft im Pornomassenmarkt völlig verloren geht. Ich finde es spannender zu zeigen, wie eine Feder über die Hüfte streicht, als den 750.000 cum shot.
In England ist zur Zeit “Burlesque” ein ganz grosser Trend… Es ist eine Homage and die grossen Sex Symbole vergangener Jahrzehnte. Von Betty Page über Marilyn Monroe bis zu Mae West. Sinnlichkeit statt purem Sex ist etwas was wir neu entdecken muessen.

Petra JoyDu hast unter anderem auch 2004 einen Award für Deine Arbeit erhalten. Kannst Du kurz erläutern wofür und von wem Du den Award erhalten hast?

Die Auszeichung wurde mir in London für meine Fotografien verliehen. Der Erotic Award wird in 12 erotischen Kategorien einmal im Jahr in der “Nacht der Sinnlichkeit” verliehen. Zu diesem Event kommen ca. 3000 Menschen. Der Gewinn des Balls kommt “Outsiders” zugute – einer Organistation die Behinderten hilft ein gutes Sexleben zu haben. Es ist kein kommerzieller Preis, sondern eine Anerkennung aus der Szene für Menschen, die im Bereich Erotik etwas ausergewöhnliches und innovatives geleistet haben. Ich bin wahnsinning stolz auf diesen Preis: es ist ein handgeschnitzter goldener Penis mit Flueglen.

Wie erlebst Du England in erotischer Sicht, wenn Du es mit Deutschland vergleichst? Vor allem was die Berichterstattung in den Medien und den Umgang mit dem Thema in der breiten Öffentlichkeit anbelangt?

England ist viel viel konservativer als Deutschland. Selbst wenn in der Sauna Damenabend ist, fallen die Hüllen nicht. Nacktheit, Sexualitat und Porno sind hier nach wie vor tabu Themen. Das repressive Klima bewirkt andererseits aber dass es hinter den geordneten Fassaden wild zu geht. England hat eine riesige und extreme s/m Szene und ständig wachsende Pornoindustrie. Aber all das läuft hinter vorgehaltener Hand ab.

Was veranlasste Dich im letzten Jahr Deinen ersten eigenen Film zu inszenieren und zu produzieren?

Die Frustration, das es fast nichts auf dem Porno-Markt gab, dass ich oder meine Freundinnen sexuell erregend fanden. Immer häufiger sprachen mich auch Kundinnen an, ob ich denn einen Pornofilm für sie und ihren Partner empfehlen könnte, der im selben Stil gemacht ist, wie meine erotischen Fotos. Da es nichts gab, machte ich es selbst.

Welches Feedback hast Du erhalten? Das der Presse war nahezu einhellig positiv, aber hast Du auch einen Eindruck erhalten, wie der Film beim Publikum angekommen ist?

Auf meiner Homepage gibt es ein Feedback Formular. Ich erhalte pro Tag cirka 10 dieser ausgefeullten Formulare und bisher waren alle Kommentare bezüglich des Films extrem positiv. Das erstaunliche Ergebnis dieser Marktforschung war und ist, dass die überschwenglichen Kommentare von Männern kommen, die die Nase voll haben vom “Rein, raus/Groesser, tiefer, mehr” Porno.

Petra Joy SetIch denke mal, das größte Problem dürfte der Vertrieb gewesen sein. Welche Erfahrungen hast Du mit Non-Adult Vertrieben dabei gemacht? Hast Du auch versucht ihn über die bekannten Erotik-Anbieter und Vertriebe in den Handel zu bringen?

Non-adult Vertriebe duerfen “Sexual Sushi” nicht anbieten, da er als R-18, also hardcore, eingestuft wurde. Leider ist es auch nicht lagal den Film nicht ueber das Internet selber zu verkaufen. Ich bekomme ständig e-mails von Kunndinnen, die diskret online shoppen wollen und kann ihnen “Sushi” leider nicht verkaufen. Es war schwierig “Sexual Sushi” in die Läden (lizensierte englische Sex Shos) zu bekommen, aber die Verkaufszahlen sprechen für sich: Der Markt ist reif für Porno, der Raum für Kreativitat und Intimitaet lässt. Ich vertreibe “Sexual Sushi” selbst und der Film ist auch bei “Scala” zu haben. Ich suche immer noch nach einem amerikanischen, australischen, französischen und italienischen Vertrieb. Da “Sushi” keinen Dialog beinhaltet, sondern auf Musik geschnitten ist, funktionieren die Bildergeschichten weltweit. Auch für meinen neuen Film “Female Fantasies” suche ich noch nach einem Vertrieb.

Mit dem Release von „Sexual Sushi“ titelte Bild, das „Porno ein weibliches Tabu-Thema“ sei? Siehst Du das genauso?

Es ist kein Tabuthema, sondern eins der grossen inhaltslosen Vorurteile: Frauen mögen keinen Porno. Frauen sind nicht visuell. Frauen brachen Handlung. Dem ist nicht so! Was stimmt ist allerdings, das 90% der Frauen auf dem von Männern für Männer gemachten durchschnittlichen Hardcore-Film nicht abfahren. Es gibt eine gähnende Lücke auf dem Markt und Porno ist eine der letzten Männerbastionen.
Der Wäsche- und Sextoy-Markt hat sich schon den Bedürfnissen der Frauen statt den Fantasien der Männer angepasst. Visuelle Erotik muss und wird langsam nachziehen.

Angesichts der Tatsache dass zunehmend auch Frauen Pornos inszenieren und produzieren, erschließt sich mir nicht so ganz der Bedarf an Extra-Pornos für Frauen. Oder ist es ganz einfach die Tatsache, dass auch die Frauen in der Porno-Industrie auf den männlichen Konsumenten abzielen und kommerzielle Interessen wahrnehmen müssen?

Ich kann nicht für andere Frauen in der Industrie reden. Ich mache Pornos für Frauen. Deshalb lautet auch mein neuer Filmtitel “Female Fantasies”. Männern gefallen meine Filme auch weil sie authentisch sind und ihnen einen Eindruck der weiblichen Phantasiewelt ermöglichen. Die Tatsache, dass eine Frau einen Pornofilm macht, heißt nicht dass er anders ist als mainstream. Viele der wenigen weiblichen Filmeacherinnen haben den Kampf um die Akzeptanz alternativer Filmkonzepte und Umsetzungen einfach satt und setzen auf Nummer sicher. Da geht es auch um die Existenz. Männer orientierter Mainstream verkauft sich nach wie vor. Pornos, die Frauen ansprechen werden oft leider von den Sexshop Inhabern gar nicht erst ins Sortiment aufgenommen.

Sexual Sushi FotoWo siehst Du den größten Unterschied zwischen einem x-beliebigen Porno und Deiner Arbeit?

Die Liste ist lang:

– Ich drehe mit Menschen, die auch im wirklichen Leben Liebhaber sind, so dass die Chemie stimmt. Ich könnte mir nicht vorstellen mit Pornodarstellern zu arbeiten, die sich erst auf dem Set treffen und eine „Schauspielnummer“ hinlegen. Mein Motto ist “Feeling it, not faking it!
– Ich finde extreme, grell ausgeleuchtete Naheinstellungen der Genitalien und von Pentetrationen nicht besonders erotisch. Farbiges Licht und Schatten, die etwas der Fantasie überlassen finde ich und viele Frauen viel aufregender.
– Amateure sind schlechte Schauspieler. Dialoge in Pornofilmen sind meist abtörnend und Frauen spulen da genauso vor wie Männer. Oft sind die sinnlosen Dialog nur da, um den Film in die Länge zu ziehen, so das der Film die magischen 90 Minuten erreicht.
– Ich finde Qualität wichtiger als Quantität. Es geht mir um Lust am Set, gekonnte Kamerarbeit und pfiffigen Schnitt, statt um die reine Minutenlänge.
– Die Obsession mit dem männlichen Orgasmus langweilt mich. Ich sehe viel lieber Lust verzerrte Gesichter als den “Beweis” dass er nun wirklich über ihre Brüste, Gesicht oder Pussy gekommen ist. Ich möchte auch mehr weibliche Lust sehen, die nicht geschauspielert ist.
– Ich bin gerne kreativ in der Auswahl der Requisiten, Locations und der Sexspiele, statt immer dieselben Positionen in derselben Abfolge zu zeigen. Der durchschnittliche mainstream Film ist immer nach der selben Formel gestrickt: Blow Job während er steht und sie kniet, eine gefakte girl on girl Szene (mit Darstellerinnen, die im wirklichen Leben nicht bi oder gar lesbisch sind), ein Dreier mit zwei Männern, einer Frau und doppelter Penetration, und eine Analnummer. Zu guter Letzt: so vielen Cum shots wie möglich.
– Mir geht es um Sinnlichkeit und Verführung, statt Fliessband Sex.

Sexual Sushi BildWas wollen Frauen Deiner Meinung nach überhaupt im Porno sehen?

Frauen wünschen sich: Intimität, Kreativität und Humor. Als Szenarios: Frauen, die total verwöhnt werden und mal nichts tun müssen, Frauen die in Kontrolle sind und bisexuelle Maenner.
Die meisten Frauen sagen sie hassen Porno, weil sie von den Filmen, die für Männer gemacht wurden nicht angetörnt werden. Ihnen geht es nicht um den männlichen Orgasmus, sondern sie wollen sehen, dass Frau auf ihre Kosten kommt. Sie können sich auch nicht mit den Pornostars, die häufig wie lebendig gewordene Barbiepuppen aussehen (Silikonbrueste, Nägel- und Haarverlängerungen als Standard) idendifizieren. Frauen wollen ausserdem heiße Männer sehen, und nicht Karl-Heinz mit Bierbauch, Socken und Armbanduhr oder einen Bodybuilder, der die Frau so hart ran nimmt, als sei er ein Presslufthammer.

Du hast mal in einem Interview gesagt „Porno ist Politik“. Kannst Du das ein wenig erläutern?

Porno ist Politik, weil Porno-Filme die Sexualität vieler Menschen prägen und leider immer dieselben Botschaften vermitteln. Eine davon ist: Eine Frau, die Sex liebt ist eine Schlampe, Hure, etc. und nicht viel wert. Das sehen sie schon an den Titeln von vielen Filmen. Welche Frau schaut sich schon gerne einen Film mit dem Titel “Geile Ficksau Anal Extrem” an?

Würdest Du einen Job als Regisseurin für einen „normalen“ Pornofilm eines anderen Produzenten annehmen? Bestehen Deinerseits Kontakte oder das Interesse zur Porno-Industrie?

Nein. Daran habe ich kein Interesse. Dann würde ich meinen Namen verkaufen und mein Anliegen verraten, nur um Kohle zu machen. Umd mir geht es nicht um die Kohle, sondern um erotische Kunst, die hoffentliche viele Frauen inspiriren wird. Ich hatte schon mehrere Anbebote “Männerpornos” unter dem publicity trächtigen Namen “Petra Joy” zu verfilmen und habe dankend abgelehnt.  Ich würde gernre mit einer Produktionsfirma kreativ zusammenarbeiten, die wie ich, an eine neue Art von Porno und den Markt für ART-core Porno glaubt und meine Arbeitsweise und Konzepte unterstützt. Ich habe viele Ideen und würde sie gerne in einem größeren Zusammenhang umsetzen.

Female Fantasies FotoDu arbeitest gerade an dem Nachfolger zu „Sexual Sushi“ namens „Female Fantasies“. Was kannst Du bereits darüber erzählen?

Female Fantasies basiert auf Frauenfantasien, die ich über Monate recherchiert habe. Der Film zeigt eine grosse Bandbreite von möglichen erotischen Szenarios, die Frau anmachen könnten. Der Focus ist weibliche Lust. Statt mich auf ein Paar zu konzentrieren, habe ich an diesem Film mit sechs Darstellern und Darstellerinnen gearbeitet. Die Bildgeschichten sind auf Musik geschnitten und ich verzichte erneut auf Dialog.
Als besonderes “special feature” sind diesesmal einige Porno-Parodien mit dabei … Szenen, die wie Standard Hardcore Filme gemacht wurden aber mit einem Augenzwinkern. Wir haben bei diesen “Spoof” Drehs viel gelacht. Humor ist wichtig fuer guten Sex sowie für gute Pornos.

Du wirst im Oktober auch auf dem ersten „Pornfilmfestival“ sein. Neben der Premiere Deines neuen Films, leitest Du auch einen Workshop. Worum geht es dabei?

Der Workshop heißt “How to shoot your lover” und basiert auf einem Buch, das ich dieses Jahr bei Harper rausgebracht habe: “Adult Movie Making for Couples”. Es geht darum, wie Mann und Frau sich gegenseitig erotisch fotografieren können, ohne die typischen Amateurfehler zu machen, welche die Ergebnisse einer solchen Fotosession enttäuschend ausfallen lassen.

Weitere Informationen zu Petra Joy unter: www.strawberry-seductress.com
Petra Joy BildPetra Joy Interview: Die Sinnlichkeit der Verführung 1

Tom
ist der Gründer, Herausgeber und Chefredakteur von German-Adult-News.com. Neben der Tätigkeit für GAN ist Tom auch noch als freier Texter und Redakteur für andere Blogs, Online-Shops und Magazine (On- und Offline) aktiv. Die Themen-Bandbreite reicht dabei von Entertainment & Medien bis hin zu E-Commerce. Geboren und wohnhaft im Herzen des Ruhrgebiets ist Tom seit vielen Jahren glücklich verheiratet und stolzer Vater.

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