Dienstag, Mรคrz 11, 2025
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Ist etwa auch Pornographie ein Kulturgut?

Ich mรถchte diesmal an ein Zitat aus der letzten Kolumne anknรผpfen. Nรคmlich an die Aussage, dass man โ€žendlich auch in Deutschland Pornografie als Kulturgut akzeptieren mรผsse.โ€œ

Hm, ehrlich gesagt, wusste ich beim ersten lesen nicht, ob ich darรผber lachen oder weinen sollte. Warum eigentlich รผber diese, an sich Unterstรผtzung verdienende, Aussage und Tatsache lachen, werden sich sicherlich einige fragen? Nun ganz einfach. Genau diesem Umstand versuchen wir nun seit mehr als zwei Jahren mit den German-Adult-News Rechnung zu tragen: den erotischen (und auch pornografischen) Film, als ein Genre von vielen im Bereich des Mediums Film, seriรถs zu behandeln.

Doch gerade aus dem Umfeld der Anbieter zeigte sich bisher eine nicht immer herzliche – geschweige denn รผberhaupt Interessen gesteuerte – Akzeptanz eines unabhรคngigen Magazins im Bereich des Pornofilms. Nun soll das nicht nach Selbstmitleid klingen und es gibt ja durchaus auch deutsche Vertriebe und Produzenten, die mit uns zusammenarbeiten. Aber wer sich selbst jahrzehntelang in der sogenannten โ€žSchmuddeleckeโ€œ bewegt und mit gรคngigen Klischees schmรผckt und prahlt, kann hinterher nicht als Gralshรผter in Sachen Kultur auftreten und mangelnde Akzeptanz seitens der Gesellschaft einklagen.

An dieser Stelle gelangt man auch recht schnell zu den entscheidenden Dreh- und Angelpunkten der Problematik, die mit dem Pornofilm verknรผpft sind. Zumindest in diesem Land und der Blick in eine beliebige Videothek oder Titel-Verzeichnis offenbart vielfach das Dilemma: eine schier unรผbersehbare Masse an Porno-Produktionen erschlรคgt den Konsumenten. Eine unfassbare Quantitรคt, in der es selbst ausgemachten Branchen-Kennern und eingefleischten Hardcore-Fans oftmals mehr als schwer fรคllt den รœberblick zu behalten. Geschweige gar, das begehrte Objekt der Lust anhand irgendwelcher Qualitรคtsinsignien ausfindig machen zu kรถnnen. Hier herrscht leider immer noch die Masse รผber die Klasse.

Doch dessen und gewachsener sozialer, wie geschichtlicher Aspekte ungeachtet, stellt sich die Frage, warum sich ein Mensch, der โ€žKulturโ€œ sucht, einer reizรผberfluteten Masse von (viel zu oft) groรŸformatig dargestellten Geschlechtsteilen oder abgedruckten Verbal-Aussetzern รผberhaupt aussetzen sollte?
Ich bin nun als Herausgeber dieses Magazins wirklich der Letzte, der sich davon belรคstigt fรผhlen wรผrde oder diversen Nischenproduktionen ihre legale Daseinsberechtigung absprechen mรถchte, aber โ€žkotzende Omasโ€œ (ich mรถchte mich auch hรผten an dieser Stelle schlimmeres zu nennen), um nur mal ein extremes Beispiel zu nennen, fordern nicht unbedingt einen kulturellen Anspruch heraus.

Die Liste der negativen Beispiele lieรŸe sich beliebig fortsetzen und wenn man die Masse der Produktionen nur anhand ihrer Qualitรคt und unter rein formalen, filmischen Aspekten, wie Kamera, Drehbuch, Darsteller und Synchronisation beurteilen wรผrde, hรคtte man wahrscheinlich schon eine ganze Menge weniger Filme zur Auswahl.
Hier kรถnnte man gewonnenes Kapital und Kreativitรคt in Qualitรคt investieren, was sich langfristig ausbezahlen wรผrde. Natรผrlich ist klar, das nicht jede Produktion zum mehrstรผndigen Spielfilm-Epos avancieren kann und muss, aber warum soll nicht auch im Bereich des Gonzo-Films Qualitรคt eine gewisse Prioritรคt geniessen?

Denn einen Umstand sollte man keinesfalls auรŸer Acht lassen. Nรคmlich das die vielfach kritiklose wie konsumfreudige โ€žRegenmantelโ€œ-Fraktion langsam aber sicher ausstirbt. Gleichzeitig werden neue Zuschauer im Bereich des Pornofilms mit bisherigen Marketingstrategien (sofern es รผberhaupt welche gab) schwerlich zu gewinnen sein.
Letztendlich greifen einige Anbieter in letzter Zeit nicht umsonst immer hรคufiger auf, bis dato Genre fremde Themen und Schnittpunkte, wie Techno oder Hip-Hop zurรผck. Ein sicherlich guter Ansatzpunkt, sofern man sich nicht nur darauf beschrรคnkt die Settings zu tauschen, sondern das Ganze auch entsprechend authentisch zu gestalten.

Ferner offenbart sich ein Gebiet, welches in den letzten Jahren, ich bin geneigt zu sagen, Jahrzehnten strรคflich vernachlรคssigt wurde. Nรคmlich der ganze Bereich โ€žErwachsenen-Unterhaltungโ€œ an sich, wozu und zu Recht auch der Pornofilm gehรถrt. Allerdings sieht es um den Rest und angrenzende Genres mehr als spรคrlich aus. Warum investiert und dreht man keine Produktionen im Bereich des Action-, Horror-, Sex- und Exploitation-Films?
In diesem Bereich bietet sich ein, gerade in Deutschland, strรคflich vernachlรคssigter brachliegender Markt an, den man, aus welchen Grรผnden auch immer, nicht nutzt und den Zuschauer statt dessen mit schwachsinnigen Liebeskomรถdien und intellektuellen Experimentalwerken zu mรผllt.
Sicherlich haben beide Genres auch ihre Berechtigung, aber die zuvor genannten Genres auch und gerade in kommerzieller Hinsicht mehr. Nicht ohne Grund erfreuen sich derartige B- und C-Produktionen aus fernen Landen oder sรผdeuropรคische Streifen jeglicher Art aus den 70ern immer noch ein wachsender Beliebtheit.

Vielleicht sollte man diese Chance nutzen und in Deutschland auch endlich wieder eine blรผhende und exportierbare Filmlandschaft aufbauen. Und wer kรถnnte das nicht besser als die Porno-Industrie, die รผber Geld, Material, Personen, wie Vertriebswege im In- und Ausland in hohem AusmaรŸ verfรผgt? Fernerย  mรผsste man sich auch hinsichtlich jeglicher Konventionen wenig Gedanken machen, schlieรŸlich bewegt man sich von vornherein im 18er-Bereich. Einen Gedankengang wรคre es sicherlich wert?

Aber auch sonst kรถnnte man vieles bewegen, um den Grad der Akzeptanz als ein Kulturtrรคger von vielen zu erhรถhen. Wie wรคre es mit Initiativen oder Spenden in Sachen Kulturfรถrderung oder im sozialen Bereich?
Wie wรคre es endlich mal mit einer vernรผnftigen und professionellen Interessenvertretung fรผr die gesamte Branche im Stil der amerikanischen โ€žfree speech coalitionโ€œ.
Die Ideen und Gebiete auf denen man tรคtig werden kรถnnte, um ein positives Gesamtbild zu verkรถrpern und auch als Vermittler von Kultur anerkannt zu werden scheinen unendlich … man muss sie lediglich nutzen!

Letztendlich ist aber jeder Film, ob nun Porno oder nicht, ein Spiegel und Ausdruck der jeweiligen Kultur einer Gemeinschaft. Auch wenn man im Bereich des Pornofilms und seiner Vielfalt nicht immer alle geistigen und kรผnstlerischen LebensรคuรŸerungen auf einen Nenner bringen kann. Was aber auch so gut ist, denn wie trostlos wรคre es sonst um eine Kultur bestellt?

Und wer ein treuer Leser von uns ist, weiรŸ das viele Firmen und Filme weitaus mehr als โ€žkotzende Omasโ€œ zu bieten haben!