Online Poker, um ehrlich zu sein und es gleich mal zu Beginn vorwegzuschicken, hat mich bis dato eigentlich nie sonderlich fasziniert. Genauso wenig wie Online Casinos oder Online Sportwetten. Wenn schon, dann richtig: Sprich‘ in einem echten Kasino, das ein entsprechendes Ambiente bietet und dem Flair realer Gegner.
Aber der Zahn der Zeit nagt auch in diesem Metier unermüdlich und so ist die Flut an entsprechenden Online Poker Seiten in den letzten Jahren ins Unermessliche gestiegen.Die Verlockung am Rechner gegen Gegner aus aller Welt zu spielen und am besten noch einen Haufen Geld zu gewinnen, scheint einfach für viele Gemüter zu verlockend zu sein. So ist, wie bei vielen anderen Dingen auch beim Glückspiel die Gefahr einer Sucht nicht von der Hand zu weisen. Aber letzten Endes auch die Eigenverantwortung und somit gilt auch beim Online Poker erst den Verstand, dann den Rechner, Tablet, Smartphone oder was auch immer einschalten.
Um aber auf den eigentlichen Anlass dieses Beitrags zurückzukommen: Dieser beruht auf der schnöden Tatsache, dass ich bei der Suche nach interessanten News zufällig auf die Blog Meldung gestoßen bin, dass sich Titan Poker aus Deutschland zurückzieht. Anlass wiedermal die deutsche Gesetzeslage und daher wird das Online Poker Angebot kurzerhand vom selben Anbieter dann „legal“ durch „Ironpoker“ ersetzt. Aha, Legales Online Pokern in Deutschland? War dann nicht mal was mit Glücksspielmonopol des Staates und Verbot von Online Seiten, in denen es um echtes Geld ging?
Online Poker jetzt in Deutschland legal?
Kurz recherchiert und richtig! Allerdings mit einigen kuriosen Gegebenheiten, die nicht von ungefähr an den Wahnwitz und Irrsinn der deutschen Gesetzgebung in anderen Fällen erinnern. Beispiele finden sich da aus eigener Erfahrung schnell und erst recht, wenn es um Online Content und Online Shopping geht: von Action- und Horrorfilmen, Erotik allgemein und Pornofilmen bis hin zu Zigaretten und Alkoholika. Nur einige, von sicherlich vielen weiteren Themen, in denen Deutschland dem mündigen und volljährigem Bürger vorschreibt, was er vermeintlich nicht darf. Das erinnert ein wenig an das kleine gallische Dorf, nur dass die „Mauern“ aus Gesetzen und Vorschriften im Internet nichts nützen und man die rebellischen Gallier sympathisch findet.
Im Fall von Online Poker und Pokerseiten wie Ironpoker, gibt es aber dann noch mal ein Dorf im Dorf und das heißt Schleswig-Holstein mit Malta als Außenposten. Denn beide erteilen Lizenzen für Online Poker Anbieter.
Wer sich jetzt fragt, warum Ironpoker, wie einige andere Online Poker Seiten eine Lizenz aus Schleswig-Holstein erhält, zweifelt allerdings nicht an seinem Verstand, sondern an dem der deutschen Gesetze.
Und so sieht es aus: Glücksspiele erfreuen sich in Deutschland und ungeachtet aller Verbote einer Weiteren, wenn nicht stetig wachsenden Beliebtheit. Das gilt Online wie Offline, nur dass zwischen beiden eine riesige rechtliche Lücke klafft. So regelt der Glücksspielstaatsvertrag zwar den Markt der Spielbanken und Spielotheken, wobei die klammen Kommunen zwar Letztere gerne verbieten wollen, aber gerne die Vergnügungssteuer kassieren.
Sieht man jetzt von großen Live-Turnieren und Kasinos ab, offenbart das Online Pokern, wie wenig dieser Online-Markt reguliert ist und sofern er es doch ist, mit schöner Regelmäßigkeit mit Landes- und EU-Recht aneinander und durcheinandergerät.
Fakt ist jedoch, dass allein schon um das Jahr 2010 die deutschsprachigen Online-Casinos nach Schätzungen über 3 Milliarden Euros umsetzten und die Deutschen neben den USA und China zu einer der größten Glücksspielnationen in der Welt machten. Davon machte ein Großteil der Bereich der Sportwetten aus, dem die Online Casinos mit Poker, Roulette, etc., folgten.
Angesichts dieser Summen und der Beliebtheit von Online Poker, möchte man doch meinen, dass Politiker doch gerne einen Batzen davon als Steuergelder kassieren wollen und zugleich den Bürger damit vor betrügerischen und illegalen Anbietern, wie in der realen Welt auch, schützen wollen. Man denke in diesem Zusammenhang nur an die Tabaksteuer, aber erstens kommt es anders und zweitens als man denkt …
Wobei im Fall des „Online Glücksspiel-Gesetzes“ in Deutschland alle Akteure, vom Spieler über die Anwälte bis zu den Gerichten, verwirrt wie irritiert sind. Schließlich sind es nicht weniger als drei verschiedene Regelwerke an Gesetzen, die parallel zutreffen, sich dabei aber auch gleichzeitig widersprechen.
Staaliches Glücksspiel gegen EU-Recht gegen Länderrecht
Fangen wir mit dem Glücksspielstaatsvertrag an, der deutschen Firmen generell untersagt Online Glücksspiele anzubieten. Soweit die Theorie, wenn vor einigen Jahren nicht Schleswig-Holstein sein eigenes Glücksspielrecht erstellt hätte und an einige Anbieter Lizenzen für Online Casinos, Online Sportwetten und Online Poker erteilt hätte. Davon ist man zwar inzwischen wieder abgerückt, aber die bestehenden Lizenzen belieben in dem norddeutschen Bundesland gültig, obwohl sie bestehendem geltendem Bundesrecht widersprechen.
Das ist jedoch noch nicht alles, da ja auch noch EU-Recht gilt. Somit ist eine Lizenz aus dem einen EU-Land auch in allen anderen Staaten der EU gültig. Das gilt prinzipiell übrigens für alle Wirtschaftszweige und alle EU lizenzierten Anbieter haben auch die strengen Sicherheits- und Datenschutzvorschriften erfüllt. Wie im Fall von vielen Erotikanbietern übrigens auch haben sich viele Online Poker Anbieter auf Malta niedergelassen. Folglich müssten sie daher, nach geltendem EU-Recht ihre Seiten auch in Deutschland legal anbieten dürfen, und das erst recht, wenn sie schon eine deutsche Lizenz aus Schleswig-Holstein haben, die ja eigentlich nur dort gilt …
Alles verstanden? Nein, macht nichts, da auch alle Hinweise seitens der EU bis jetzt von deutscher Seite ignoriert werden. Und so verwundert es auch nicht, wie in anderen Fällen, dass der neue Glücksspielstaatsvertrag erst in Angriff genommen wurde, nachdem das höchste EU-Gericht gegen den deutschen Staat geklagt hatte. Seitdem hat sich allerdings nicht viel geändert und nach Meinung vieler Experten ist auch der aktuelle Glücksspielstaatsvertrag weder mit den EU-Richtlinien und/oder deutschem Wirtschaftsrecht vereinbar.
In letzter Konsequenz bedeutet dass nun, dass keiner was Genaues weiß: Nach deutschem Recht sind Online Poker und Glücksspiel um echtes Geld illegal, nach EU Recht nicht. Dem Staat entgehen Milliarden an Steuergeldern und zudem streitet man noch, ob Pokern nun ein Glücks- oder Geschicklichkeitsspiel ist, und wer ab welchem Gewinn Hobby- oder Profispieler ist.
Eine unendliche Geschichte über, die es noch vieles mehr zu erzählen gebe und über die ich vermutlich nicht zum letzten Mal schreiben werde. Insbesondere da es doch viele Parallelen zum deutschen Jugendschutzgesetz im Medien-Bereich und vor allem hinsichtlich des Themas Erotik gibt. Wie dem auch sei, man spielt auch beim Online Poker immer auf eigenes Risiko!