- Einleitung
Das Thema Krankenversicherung für Prostituierte und generell für alle Menschen in der Erotikbranche ist ein Tabu, das viel zu lange unter den Teppich gekehrt wurde. Dabei betrifft es nicht nur Prostituierte, sondern auch viele andere Berufsgruppen – von Escorts über Pornodarsteller:innen bis hin zu jenen, die in der Produktion erotischer Inhalte arbeiten.
Trotz des Prostituiertenschutzgesetzes (ProstSchG) von 2017 gibt es noch immer zahlreiche Hürden, die den Zugang zu einer ordentlichen Gesundheitsversorgung erschweren. Doch wie sieht es wirklich aus, wenn man in der Erotikbranche tätig ist? Welche Hindernisse gibt es, und warum ist es so wichtig, diese endlich aus dem Weg zu räumen?
- Rechtlicher Rahmen:
Gesetzliche Bestimmungen und Krankenversicherungspflicht:
In Deutschland ist jeder Mensch verpflichtet, krankenversichert zu sein. Diese Regelung gilt für alle – egal, ob man als Angestellter oder Selbstständiger arbeitet, ob man in der Erotikbranche tätig ist oder in einem völlig anderen Beruf. Das Prostituiertenschutzgesetz (ProstSchG) von 2017 hat zwar für mehr Klarheit gesorgt, doch die Frage, wie sich Menschen aus der Sexarbeit richtig krankenversichern, ist nach wie vor komplex.
Denn, ob man nun als Prostituierte, Escort oder Pornodarsteller:in arbeitet – die rechtlichen Rahmenbedingungen zur Krankenversicherung sind die gleichen, wenn man als Selbstständiger arbeitet.
Weitere detaillierte Informationen zur Lage von Selbstständigen, insbesondere zu den Einkommensverhältnissen und den Anforderungen an die Krankenversicherung, finden sich im Bericht des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) hier.
Selbstständige und die Krankenversicherung:
Viele Menschen, die in der Erotikbranche tätig sind, arbeiten als Selbstständige. Ob als Prostituierte, Escort oder in einem anderen Bereich der Erotikindustrie – in der Regel ist man auf sich allein gestellt, was die Krankenversicherung betrifft. Die Wahl zwischen der gesetzlichen und der privaten Krankenversicherung stellt viele vor eine große Herausforderung.
Zwar gibt es keine speziellen Vorschriften, die diese Berufe besonders berücksichtigen, aber die Gesundheitsversorgung in der Praxis sieht oft anders aus. Die Frage ist: Wie organisiert man den Versicherungsschutz, wenn das Einkommen schwankt und es oft an stabiler Planung fehlt?
- Unterschiede zwischen privater und gesetzlicher Krankenversicherung:
Gesetzliche Krankenversicherung:
Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) ist für viele Selbstständige die naheliegende Wahl. Ihre Beiträge richten sich nach dem Einkommen, was gerade für Menschen mit unregelmäßigem oder schwankendem Einkommen, wie es häufig in der Erotikbranche der Fall ist, von Vorteil sein kann. Doch auch hier gibt es Stolpersteine: Die Beiträge sind nicht immer leicht zu kalkulieren, und wer nicht genug verdient, fühlt sich schnell von den Krankenkassen nicht ernst genommen. Besonders Selbstständige, die keine festen Einnahmen haben, kämpfen oft mit den Anforderungen der GKV.
Private Krankenversicherung:
Die private Krankenversicherung (PKV) klingt verlockend – sie bietet mehr Leistungen und individuelle Anpassungen. Doch die monatlichen Beiträge sind hoch und richten sich nicht nach dem Einkommen, sondern nach dem Eintrittsalter und den gewählten Tarifen.
Besonders für Menschen in der Erotikbranche, deren Einkünfte stark schwanken können, ist die PKV daher eine finanzielle Herausforderung.
Seit 2013 gibt es Unisex-Tarife in der PKV, bei denen Männer und Frauen gleich behandelt werden – eine längst überfällige Reform, aber eine, die dennoch viele Menschen in der Branche nicht in die Lage versetzt, sich eine private Versicherung auf Dauer leisten zu können.
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Pflicht zur Aufnahme von Berufsgruppen in die private Krankenversicherung:
Kommen wir zu einer weiteren wichtigen Frage: Sind private Krankenversicherungen verpflichtet, Menschen aus bestimmten Berufsgruppen wie Sexarbeiter:innen, Escorts oder Pornodarsteller:innen aufzunehmen?
Die Antwort lautet: Ja, grundsätzlich sind private Krankenversicherungen verpflichtet, alle Menschen aufzunehmen, die die gesundheitlichen Voraussetzungen erfüllen. Das bedeutet, dass private Krankenversicherungen niemanden aufgrund des Berufs ablehnen dürfen. Doch in der Praxis ist das alles andere als einfach. Wer aus gesundheitlichen Gründen nicht durch die Prüfung kommt oder hohe Beiträge nicht leisten kann, hat wenig Chancen.
Versicherungspflicht unter der Bezeichnung „Prostituierte“:
Eine häufige Frage: Muss man sich als „Prostituierte“ versichern lassen? Die Antwort ist einfach: Nein. Es kommt nicht darauf an, welche Bezeichnung man verwendet. Wichtig ist, dass man als Selbstständige oder in einer anderen definierten Berufskategorie versichert ist!
Der Begriff „Prostituierte“ ist also kein Hindernis für die Versicherung – entscheidend ist der rechtliche Status und die tatsächliche Tätigkeit. Und sei es nur als freischaffende Künstlerin oder Beraterin!
- Gesellschaftliche und rechtliche Herausforderungen:
Stigma und Diskriminierung:
Die größte Hürde, mit der viele Menschen in der Erotikbranche konfrontiert sind, ist das gesellschaftliche Stigma. Die wenigsten Menschen haben Verständnis für den Beruf der Sexarbeit – und noch weniger zeigen Sympathie oder Respekt für diejenigen, die ihn ausüben.
Dieses Stigma zieht sich durch alle Bereiche des Lebens, auch durch das Gesundheitssystem. Diskriminierung durch Ärzt:innen oder Versicherungsgesellschaften ist nicht selten, und viele Menschen in der Branche fühlen sich nicht ernst genommen oder gar abgelehnt. Das macht es nicht nur schwer, medizinische Hilfe zu suchen, sondern erschwert auch den Zugang zu angemessener Versicherung.
Besonders für Prostituierte gibt es noch immer viele Missverständnisse und Unsicherheiten. Detaillierte Informationen über die Krankenversicherungspflicht für Sexarbeiter:innen und die damit verbundenen Rechte bietet das Merkblatt des Berufsverbands Sexarbeit e. V. (BesD), das du hier finden kannst.
Zugang zu medizinischer Versorgung:
Der Zugang zu medizinischer Versorgung ist für viele Menschen in der Erotikbranche ein unsicherer Boden. STIs, psychische Belastungen, körperliche Beschwerden – die gesundheitlichen Herausforderungen sind vielfältig. Doch auch hier stehen Barrieren im Weg.
Oft fehlen spezielle Angebote für Menschen in der Erotikbranche, und die Angst vor Stigmatisierung hindert viele daran, überhaupt den Gang zum Arzt zu wagen. So bleiben viele gesundheitliche Probleme unentdeckt oder unbehandelt.
Besondere gesundheitliche Bedürfnisse:
Die Gesundheit von Menschen in der Erotikbranche ist ein vielschichtiges Thema. Sexuell übertragbare Krankheiten sind nur ein Teil des Ganzen. Körperliche und psychische Belastungen sind oft ebenso präsent – sei es durch die Anforderungen des Jobs, die Stigmatisierung oder auch durch den Umgang mit Drogen und Alkohol.
Für diese spezifischen Bedürfnisse gibt es in vielen Fällen noch immer keine ausreichende medizinische Versorgung, was die Situation weiter verkompliziert.
- Statistische Werte:
Laut dem Prostituierten-Schutzgesetz sind in Deutschland etwa 200.000 Menschen in der Sexarbeit tätig, was nur ein Teil der Realität ist. Viele arbeiten als Escorts oder Pornodarsteller:innen und finden in der öffentlichen Diskussion kaum Gehör. Eine Umfrage des Deutschen Berufsverbands für Erotikdarsteller:innen (DBVD) zeigt, dass rund 70% der Befragten keine private Krankenversicherung haben und auf die gesetzliche Krankenversicherung angewiesen sind.
Diese Zahlen verdeutlichen, wie dringend eine angepasste und gezielte Gesundheitsversorgung notwendig ist, die die besonderen Anforderungen dieser Berufsgruppen berücksichtigt.
- Praktische Lösungen und politische Forderungen:
Um die Situation für Menschen in der Erotikbranche zu verbessern, bedarf es konkreter Maßnahmen:
- Bessere Aufklärung und Information: Es braucht mehr Informationsangebote, die den Menschen in der Erotikbranche helfen, ihre Rechte und Optionen in Bezug auf Krankenversicherung zu verstehen und wahrzunehmen.
- Diskriminierungsfreie Gesundheitsangebote: Spezielle Gesundheitszentren und Angebote, die auf die Bedürfnisse von Sexarbeitern und anderen Berufszweigen der Erotikbranche zugeschnitten sind, müssen geschaffen werden.
- Förderung des Zugangs zu Krankenversicherungen: Durch maßgeschneiderte Tarife und staatliche Unterstützung sollte der Zugang zu Krankenversicherungen für Selbstständige in der Erotikbranche erleichtert werden.
- Fazit zu Krankenversicherung für Prostituierte
Die Frage der Krankenversicherung für Menschen in der Erotikbranche ist komplex – und doch so entscheidend für die Gesundheit und das Wohlbefinden dieser Menschen. Trotz der rechtlichen Verpflichtungen gibt es immer noch zu viele Barrieren. Um diesen Menschen gerecht zu werden, braucht es eine umfassende, diskriminierungsfreie Lösung, die ihren spezifischen Bedürfnissen gerecht wird.
Wir müssen sicherstellen, dass die Gesundheit aller Menschen in der Erotikbranche gewahrt bleibt – denn eine gerechte Gesellschaft erkennt die Bedeutung des Zugangs zu Gesundheitsversorgung für alle.
Zur Info: Ein Spezialangebot einer PKV für Berufsgruppen in der Erotikbranche gibt es von Thomas Schreiber & der Erotik-Webagentur – Dieses beinhaltet maßgeschneiderte Angebote für Selbstständige in der Erotikbranche, die von speziellen Tarifen profitieren können.