Kelly Holland ist schon seit geraumer Zeit ein gewichtiger Name in der amerikanischen Adult Branche und das gleich aus mehreren Gründen. Allerdings ist Kelly Holland unter ihrem richtigen Namen wohl mehr den Brancheninsidern als den Fans bekannt. Dies beruht nicht zuletzt auf ihrer langjährigen Arbeit hinter der Kamera.
Doch umso bekannter dürfte den Fans ihr Pseudonym Toni English sein, unter dem sie von 1994 bis 2008 an die 150 Pornofilme inszenierte. In diesem Zeitraum drehte sie ausschließlich für renommierte US-Companies wie Adam & Eve, Wicked Pictures, Vivid und Jill Kelly Productions.
Unter ihrem echten Namen führte Kelly Holland seit 2006 bei inzwischen mehr als 50 Filmen von Penthouse Regie, was zu ihrer heutigen Position überleitet: Die frühere Dokumentarfilmerin ist nämlich schon seit einiger Zeit als Präsidentin der Penthouse Studios tätig.
Umso mehr freute es mich, dass Kelly Holland trotz ihres mehr als vollen Terminplans die Zeit für ein persönliches Gespräch fand. Dieses erwies sich als äußerst interessant und aufschlussreich, was sich in folgendem Interview widerspiegelt, welches wir im Anschluss auf der diesjährigen Venus in Berlin führten.
Kelly Holland: Vom Dokumentarfilm zum Pornofilm
Hallo Kelly! Es freut mich Dich hier in Berlin wiederzutreffen. Da viele Fans Dich und Deine Filme wohl eher unter dem Pseudonym Toni English kennen, würde ich zuerst gerne wissen, wie Du überhaupt als Dokumentarfilmerin zum Pornofilm gekommen bist?
Es stimmt tatsächlich, dass ich früher Dokumentarfilme gemacht habe. Ich habe 1985 angefangen und über sechs Jahre überwiegend in Mittelamerika gedreht. Inhaltlich ging es meistens um die Bürgerkriege und politische Lage in Ländern wie El Salvador, Nicaragua und Guatemala. Nachdem sich dort aufgrund der Friedensabkommen Anfang der 90er Jahre die Situation beruhigte, beschloss ich in die USA zurückzukehren.
Dort angekommen wendete ich mich thematisch der sozialen Frage in den Staaten zu. Ich liebte meine Arbeit, aber es zeichnete sich ab, dass es zunehmend schwieriger wurde, davon auch leben zu können. Vor allem, da ich damals auch noch ein eigenes Studio für die Post Production hatte.
Wie es der Zufall wollte, mietete damals Vivid einen Schnittplatz an. Im weiteren führte dies zu einer Unterhaltung mit Marci Hirsch, der verantwortlichen Produktionsleiterin. Wenn ich mich recht erinnere, kritisierte ich direkt in einem unserer ersten Gespräche einen Film von Vivid. Sie erwiderte mir kurzerhand, wenn ich angeblich soviel über das Filmemachen wüsste, sollte ich am besten doch einmal selbst bei einem ihrer Filme die Regie übernehmen. Ich sagte nur noch okay und rannte sofort aus der Firma, um mir einen Porno auszuleihen. Denn ehrlich gesagt hatte ich noch keinen Einzigen zuvor gesehen und zerlegte das Werk hinsichtlich seiner Machart nach allen Gesichtspunkten. Zu meinem Glück erwischte ich mit “Sin City: The Movie” zugleich noch ein gut gemachten Film.
Immerhin scheinst Du alles richtig gemacht zu haben, da Du im Anschluss direkt einen Exklusiv-Vertrag von Vivid erhalten hast. Kannst Du Dich noch an die Dreharbeiten zu Deinem ersten Film 1994 erinnern und was Vivid zu dem Exklusiv-Angebot veranlasste?
Ich war damals wirklich sehr, sehr glücklich mit zwei außergewöhnlichen Darstellerinnen zusammenarbeiten zu können: Janine Lindemulder und Julia Ann. Sie waren damals zwei der größten Stars und hatten eine Tanznummer namens “Blondage”. So führte weniger mein Talent beim gleichnamigen Film “Blondage” dazu, dass es dennoch ein großer Erfolg wurde. Glücklicherweise dachte Steven Hirsch anders über meinen Anteil an dem Erfolg des Films. Wie dem auch sei, es folgte der Vertrag und 7 Jahre Arbeit bei Vivid, die ich als mein Studium mit Doktorarbeit in der Adult Industrie bezeichnen würde. Wobei ich mit Marci und Steven zugleich auch noch großartige Lehrer hatte.
Im Gegensatz zu heute gab es Mitte der 90ziger Jahre noch kaum Frauen hinter der Kamera. Was waren Deine Erfahrungen damals und was hat sich für Regisseurinnen wie Produzentinnen seitdem verändert?
Als ich angefangen habe, war meines Wissens nach, Candida Royalle wohl die einzige andere Regisseurin, die schon in diesem Business gearbeitet hat. Ich bin mir nicht sicher, ob damals schon viele Fans wussten, dass ich eine Frau bin. Ich war eine Frau, die Pornofilme für ein männliches Publikum inszenierte oder im besten Fall für Paare. Ich hatte früher einige geschlechtsspezifische Vorurteile und muss sagen, dass meine ersten Arbeiten nicht gerade aus meinem vollen Herzen als Frau entstanden ist. Vielmehr standen für mich die künstlerischen Aspekte im Mittelpunkt meiner Arbeit als Filmemacherin und Kamerafrau.
Auf heute bezogen, würde ich sagen, dass ein Viertel der Regisseure in der Adult Branche Frauen sind, welche die unterschiedlichsten Filme machen. Diese sind sowohl aus einer generell anderen Perspektive inszeniert, wie auch aus ihrer eigenen Sichtweise, die unter anderem vielfach davon geprägt ist, wie alt sie sind und was sie an Lebenserfahrung mit einbringen.
In Verbindung mit der Frage zuvor würde ich gerne noch von Dir wissen, wie Du die Entwicklung hinsichtlich der Situation im Fall der Darsteller siehst? Haben sich die Arbeitsbedingungen verbessert oder würdest Du sagen, dass es für die Frauen (egal ob vor oder hinter der Kamera) im vielfach gerühmten “Golden Age of Porn” besser war?
Das Leben sieht mit Abstand oder in der Retrospektive betrachtet meistens immer besser aus. Die älteren Kollegen und Menschen im Business werden in Gesprächen über das “Golden Age of Porn” immer wieder sagen, wie wundervoll es doch damals alles war. Aber es war in der Vergangenheit auch noch illegal. Es gibt so viele Anekdoten, wie zum Beispiel von Polizei-Razzien an Drehorten. Diese sind durch die Vordertür reingekommen, während die Darstellerinnen durch das Badezimmer hinten rausklettern, um nicht erwischt zu werden.
Ich denke, es war eine andere Zeit. Eine Zeit der größeren Budgets für Filme und vielleicht auch größerer Ambitionen. Wie dem auch sei, damals wie heute hängen die Bedingungen für Darsteller, Männer wie Frauen, ganz besonders vom jeweils gewählten Set und speziellen Umgebung ab.
Ich scheue mich nach wie vor nicht darauf hinzuweisen, dass es in Teilen unseres Business nach wie vor ein gewisses Maß an Frauenfeindlichkeit gibt. Und es gibt nach wie vor Produktionen, die mit ihren männlichen wie weiblichen Darstellern alles andere als respektvoll umgehen. Ich kann hier nur für mich sprechen und sagen, dass es so was bei meinen Dreharbeiten garantiert nicht gibt. Das ist alles, was ich jetzt dazu sagen kann. Bei unseren Dreharbeiten haben wir vollstes Verständnis dafür, dass sich alle Darsteller in einem sehr verletzbaren Zustand befinden, sowohl in emotionaler wie auch physischer Hinsicht. Ich weiß jedoch aus meinen Jahren als Schauspielerin im Mainstream-Bereich, dass man im Allgemeinen die besten Darbietungen erhält, wenn man eine unterstützende, sichere Umgebung für die Darsteller schafft. Dies ist stets eines der wichtigsten Elemente an unseren Sets.
Du erwähntest gerade, dass Du als Schauspielerin gearbeitet hast. Wann und nur im Mainstream, oder?
Ich bin damals von Texas nach Kalifornien gezogen, um als Schauspielerin zu arbeiten. Und um Deine Frage gleich zu beantworten, ja als Mainstream-Schauspielerin. Ich habe Schauspielunterricht an der “American Academy of Dramatic Arts” genommen, bei der sich um die älteste Schauspielschule der USA ha