Seit Ende der 1970er-Jahre gehört VPS Film zu den Konstanten im deutschen Home-Entertainment – zuerst als wichtiger Player im Videotheken-Geschäft, heute als Spezialist für Erotik-DVDs, Magazine und mehr.
Im exklusiven Interview spricht CEO Andreas Kirchen über die Entwicklung von VPS, den Rechteerwerb rund um Teresa Orlowski, die Zukunft des Happy Weekend und die Rolle von DVD & Print im heutigen Adult Entertainment.
VPS Film: Übernahme, Geschichte und Wandel
Herr Kirchen, VPS ist eine echte Institution in der Entertainment-Branche – sowohl bei Filmfans und Sammlern wie auch bei Liebhabern des klassischen Erotikfilms. Nehmen Sie uns mit: Wie und warum haben Sie die Firma übernommen – und was war Ihre Vision damals?
Andreas Kirchen: Nun ja, nach rund 20 Jahren im VPS-Außendienst und dem Aufbau der VPS-Erotik-Division als Vertriebsleiter ergab sich die Gelegenheit, die Firma vom Gründer, Herrn Rüdiger von Spies, zu übernehmen.
Die Verhandlungen waren zwar langwierig und zäh, aber am Ende wurden wir uns einig – und so übernahm ich am 1. Juli 2013 die komplette VPS.
Sie haben VPS 2013 als Geschäftsführer übernommen. Mit welchen Herausforderungen sahen Sie sich damals konfrontiert und welche strategischen Weichen haben Sie neu gestellt?

Andreas Kirchen: Davon gab es einige! Nicht nur, dass ich natürlich einige „Leichen im Keller“ fand, sondern die VPS war zu diesem Zeitpunkt – insbesondere in Bezug auf die vertretenen Labels – nicht mehr ganz auf der Höhe der Zeit.
Als erste Maßnahme zogen wir aus München aufs Land, in die Nähe von Kaiserslautern. Danach erweiterten wir unser Portfolio um mehrere neue Labels, die wir seither europa- bzw. weltweit exklusiv vertreiben.
Hatten Sie schon vor Ihrer Tätigkeit bei VPS beruflich mit der Erotikbranche zu tun? Falls nicht – was waren Ihre Erwartungen oder Vorstellungen?
Andreas Kirchen: Die ersten Kontakte im Hardcore-Bereich sammelte ich bereits ab 1982 als Außendienstmitarbeiter bei Constantin und Arcade.
Bei VPS begannen wir Anfang der 90er mit dem Vertrieb von Hardcorefilmen und bauten diesen Bereich konsequent aus, sodass wir ab Ende der 90er ausschließlich Hardcorefilme vermarkteten.
Wie hat sich das Geschäftsmodell seit den Anfangsjahren von Rüdiger von Spies bis heute verändert?
Andreas Kirchen: Verändert? Man kann sagen, es hat sich förmlich auf den Kopf gestellt. In den ersten Jahren war VPS einer der größten Anbieter, die Videotheken mit Verleihfilmen belieferten.
Dies änderte sich drastisch, als immer mehr Filme auf DVD erschienen und dadurch die Preise deutlich sanken.
Einstieg in den Erotikmarkt: Private, Dorcel & Hardcore
Seit wann vertreibt VPS eigentlich Erotikfilme – und wie kam es damals zu dieser Entscheidung?
Andreas Kirchen: Diese Entscheidung fiel Anfang der 90er eher zufällig. Unser damaliger Lizenzeinkäufer traf auf den Filmfestspielen in Cannes den Chef von Private, der uns den Vertrieb der Private-Produkte für die Videotheken anbot.
Wissen Sie noch, welcher der erste Erotikfilm bei VPS war?

Andreas Kirchen: Sorry, an die genauen Titel aus den frühen 90ern kann ich mich leider nicht mehr erinnern. Aber es waren meist die Blockbuster von Private, die sehr erfolgreich liefen!
Und welcher war der erfolgreichste?
Andreas Kirchen: Das sind und waren schon immer die 4er- und 6er-Boxen von Dorcel und Private.
Geschäftsfelder, Sortiment und Rolle von DVD & Print
Was sind heute die wichtigsten Geschäftsfelder von VPS – Distribution, Rechteverwaltung, Eigenproduktion?
Andreas Kirchen: Unser Slogan lautet: „Wir haben, was Sie brauchen!“
DVDs, Magazine, Bücher, Nahrungsergänzungsmittel, Toys usw.
Welche Bedeutung haben klassische Medien wie DVD und Print – gerade im Erotikbereich – heute noch im Vergleich zu digitalen Vertriebsformen?
Andreas Kirchen: Da sage ich nur: Totgesagte leben länger!
Ich frage insbesondere in Anbetracht der Tatsache, dass VPS ja neben Filmen inzwischen auch als Handels-Partner den Vertrieb von Sex-Toys, Wäsche, Nahrungsergänzungsmitteln und Magazinen übernommen hat. Stimmt es also, dass man von DVDs allein im Erotikmarkt nicht mehr leben kann – und man sich quasi nur noch als Vollsortimenter behaupten kann?

Andreas Kirchen: Das stimmt.
Gibt es inzwischen von VPS auch Eigenproduktionen – oder setzt man weiterhin ausschließlich auf den Vertrieb von Exklusiv- und Fremdlabeln?
Andreas Kirchen: Ich bin Vertriebler – von der Produktion von Filmen lasse ich lieber die Finger. Dafür haben wir unsere Partnerstudios, die das deutlich besser können.
Wie viele Erotik-Titel erscheinen aktuell im Monat bei VPS – und um welche Produktionen (Label/Studio und Genre/Nische) handelt es sich dabei?
Andreas Kirchen: Momentan erscheinen etwa 80 bis 90 neue DVDs pro Monat und zusätzlich rund 30 bis 40 Magazine und Bücher, die wir größtenteils selbst produzieren.
VPS Film auf der Venus Berlin und im europäischen DVD-Markt
VPS ist auf der Venus Berlin seit Jahren fest etabliert – was bedeutet Ihnen die Messe persönlich und geschäftlich?

Andreas Kirchen: Meines Wissens bin ich der Einzige, der auf allen Messen einen Stand auf der Venus hatte – und das soll auch so bleiben!
Einerseits aus Prestigegründen, andererseits, weil wir dort stets gute Geschäfte machen und viele unserer Lieferanten sowie neue Kontakte treffen.
Zudem scheinen Sie eine sehr persönliche Beziehung zur Messe zu haben, wie Ihr Vorwort im aktuellen Bildband „Die Welt der Venus 7“ zeigt. Würden Sie zustimmen, dass VPS auch heute noch einer der größten DVD-Händler im europäischen Erotikmarkt ist?
Andreas Kirchen: Ja!
Teresa Orlowski: Rechte, Pläne und Markenpotenzial
Im Kontext der Venus Berlin müssen wir über eine der Überraschungen des Jahres sprechen: den sensationellen Rechteerwerb der Marke und aller Produktionen von Teresa Orlowski. Was genau beinhaltet diese Lizenz – und wie kam es zum Kauf?

Andreas Kirchen: Ich habe schon schneller Verträge geschlossen – aber gut Ding will Weile haben.
Frau Moser hatte anfangs große Bedenken, ihre Produkte – immerhin rund 1800 Filme – erneut einem Vertrieb anzuvertrauen.
Im Laufe der Monate konnte ich sie jedoch überzeugen, und nach etwa einem Jahr wurden wir uns schließlich einig.
Was die Fans natürlich brennend interessiert, ist zum einen die Frage, wie es Teresa heute geht – aber vor allem: Was planen Sie mit diesem gewaltigen „Schatz“ in Form des Markenuniversums von Orlowski? Denken Sie an Neuveröffentlichungen, Merchandising oder gar eine Dokumentation?
Andreas Kirchen: Nun, wir haben einiges geplant – aber die Aufarbeitung und Digitalisierung der Master- und VHS-Bänder nimmt noch etwas Zeit in Anspruch.
Vielleicht wird es sogar wieder neues Material mit Teresa geben – lasst euch überraschen!
Was reizt Sie persönlich wie auch geschäftlich an der Person und der legendären Marke, die tief im kollektiven Gedächtnis der Branche verankert ist? Und glauben Sie, dass der Markenname noch genügend Potenzial besitzt, um auch ein jüngeres Publikum zwischen 18 und 30 Jahren anzusprechen, das Teresa Orlowski bisher gar nicht kennt?
Andreas Kirchen: No Risk, no Fun – heißt es doch so schön. VTO ist Kult, und den wollen auch Jüngere einmal gesehen haben!
Happy Weekend: Club Girls, Kampagnen und neue Plattformen
Apropos Tradition und Legenden – bleiben wir gleich bei einem weiteren Klassiker im VPS-Portfolio. Die Rede ist vom Happy Weekend Magazin und dem Satz „Ich bin ein Happy Weekend Club Girl“, der auf der Venus in aller Munde war. Was steckt hinter diesem Konzept?

Andreas Kirchen: Das Happy Weekend war schon immer eine Talentschmiede für neue Stars und Sternchen.
Diese Tradition haben wir wiederbelebt, und so stellen wir jeden Monat neue Talente vor.
Wie entstand die Idee zum Club-Shooting mit Mara LeNoir, Jenny Stella & Co.? Und dürfen wir uns auf weitere Aktionen in dieser Richtung freuen?
Andreas Kirchen: Die Idee stammt von unserem Partner „Cute and Dangerous XXX“. Sie organisieren und koordinieren die Anzeigen im Happy Weekend. Weitere Aktionen in diese Richtung sind auf jeden Fall geplant.
Sie haben für das Happy Weekend eine langfristige Vernetzung von Print, Social Media und Modellplattformen angekündigt. Was können Sie dazu aktuell schon konkret sagen – und was ist Ihr übergeordnetes Ziel?
Andreas Kirchen: Welcher Name wäre prädestinierter als „Happy Weekend“ für eine Dating- bzw. Erotikplattform?
Wir stehen zwar noch in den Startlöchern, aber wir verzeichnen bereits jetzt regen Traffic auf der Seite.
Seit wann befindet sich das Happy Weekend eigentlich im Verlag und Vertrieb von VPS – und wie kam es zur Übernahme des Magazins von Videorama?
Andreas Kirchen: Vor etwa zehn Jahren sprach ich mit Mike Hunter in seinem Geschäft in Köln über die Situation der LZE in Essen. Im Laufe des Gesprächs meinte er, ich solle Herrn Horst Peter (damals Inhaber der LZE bzw. Silwa/Videorama) kontaktieren – er suche einen Vertrieb für seine Produkte.
Gesagt, getan. Am nächsten Tag war ich in Essen, und wir wurden uns schnell einig. Seitdem vertreiben wir exklusiv Videorama und das Happy Weekend.
Wie wichtig ist die Online-Präsenz des Happy Weekends, die derzeit noch etwas klassisch wirkt? Und warum sollte sich ein User im Happy Weekend Club anmelden?
Andreas Kirchen: Aller Anfang ist schwer, aber wir arbeiten täglich daran, die Seite stetig zu verbessern.
Kooperationen, Jugendschutz und die Zukunft des Adult Entertainment
Sie arbeiten eng mit Cute and Dangerous XXX zusammen – wie hat sich diese Zusammenarbeit ergeben und seitdem entwickelt?

Andreas Kirchen: Nach einem Treffen vor rund fünf bis sechs Jahren mit dem CEO von Cute and Dangerous XXX, Herrn Oliver Williams, stellten wir schnell viele Schnittmengen zwischen unseren Firmen fest. Seitdem hat sich die Zusammenarbeit stetig intensiviert.
Wie sehen Sie abschließend die aktuelle Entwicklung im deutschen Adult Entertainment – mehr Plattform-Ökonomie oder Rückbesinnung auf Qualität?
Andreas Kirchen: Die Zukunft der Adult-Industrie hängt stark von der Politik ab. In Deutschland sind wir durch das Jugendschutzgesetz gegenüber dem Rest der Welt deutlich benachteiligt.
Sollte es – was ich sehr hoffe – in anderen Ländern ebenfalls eine verpflichtende Altersverifikation vor dem Konsum von Online-Pornografie geben, wären auch deutsche Produzenten und Vertriebe wieder konkurrenzfähig.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft der Branche – und welche Rolle will VPS darin einnehmen?
Andreas Kirchen: Ich wünsche mir für alle Marktteilnehmer – vor allem international – gleiche Bedingungen. Dann würde es auch dem deutschen Hardcore-Markt wieder deutlich besser gehen!



