Nach vielen Jahren auf dem Index, einigen VHS-Veröffentlichungen und einer Bootleg-DVD erscheint nun mit „Schande des Dschungels“ endlich das erste große Werk von Picha offiziell als „Directors Cut“ auf DVD.
Pichas Directors Cut als Weltpremiere
Bereits die ersten Minuten offenbaren den skurrilen Humor Pichas, der zwischen plakativ und hintersinnig schwankt und im Lauf des Films immer mehr einem bizarren Trip gleichkommt. So erfährt der Zuschauer in einem Exkurs einige über die Tierwelt: Wer wen sticht und frisst und das jeder jeden bumst. Zumindest in Kurzfassung und in Afrika ist weit mehr als die Banane krumm.
Aber worum es im Großen und Ganzen geht ist Anti-Held Tarzoon, der aus rechtlichen Gründen hier kurzerhand in „Schande“ umbenannt wurde. Seine Gegenspielerin ist die Königin Bazonga samt ihren 14(!) Brüsten, die jedoch laut dem Erzähler so charmant wie eine Pellkartoffel ist. Sie diskutiert mit ihrem doppelköpfigen Frisör, wie man ihre Glatze wieder mit Haaren auffüllen kann. Da es etwas Besonderes und Schönes sein soll, fällt ihre Wahl auf die blonde langmähnige und vollbusige June.
Die ist bekanntlich die Gefährtin von Schande, der zwar der König des Dschungels, aber nicht im Bett ist. Und während die Königin ihre Pimmel-Armee in den Dschungel schickt, um June entführen zu lassen, kämpft Schande mit den Tücken und Gefahren des heimischen Dschungels. Als Schande von Junes Entführung erfährt, begibt er sich heldenhaft auf die gefahrvolle Suche nach June, die ihn durch den tödlichen Dschungel und Wüste zum unterirdischen Palast der Königin führt. Das sich dann dort und auf dem Weg dahin unglaubliche Geschichten abspielen, dürfte Picha-Kenner kaum überraschen…
Ohne übertreiben zu wollen, kann man hier wirklich von Unglaublich sprechen, was sich vielleicht mit einigen Beispielen besser verdeutlichen lässt: Drei Riesenpimmel befriedigen June, während Schandes Gefährte, der Affe Ficker, auf einer Kommode masturbiert. Ständig sind irgendwelche Genitalien in die Charaktere oder Gegend integriert. Sei es ein nackter Frauenkörper als Berglandschaft oder die unglaubliche Pimmel-Armee, die sich auch gerne mal in Hakenkreuz-Formation aufreiht. Die kleinen Burschen heißen übrigens „Schnellspritzer“ und die maschinelle Fertigung derselben ist schon recht schwer verdaulich. Da haben wir es mal wieder mit dem unglaublich…
Irgendwie fummelt auch jeder an jedem rum und so macht sich dann auch eine Schar sprechender „Bläser“-Blumen („Sein Beutel ist stramm, saugt leer seinen Schwamm!“) über Schande beim Durchqueren der außergewöhnlichen Blumenwiese her.
Nicht zu verachten, ist jedoch auch die Fülle an Details in Form von offenen und versteckten Andeutungen und Zitaten. Neben den unzähligen bizarren Charakteren, wird im Zusammenhang mit dem Elefantenfriedhof auch an Disneys Dumbo und das Dschungelbuch verwiesen. Aber auch Kritik an Religion, Bond, Tim & Struppi, Tom & Jerry kommen in Pichas sonderbarer Dschungel-Welt nicht ungeschoren davon.
Die Liste an Referenzen ließe sich problemlos fortsetzen und der Humor Pichas ist teilweise mehr als deftig. So referiert ein vollkommen zugedröhnter Tourist über seine Erlebnisse mit asiatischen Frauen: „Zu den Quermösen, zu den Gelb- und Schleierschwänzen. … Und nicht vergessen: Wenn du ein Bier trinkst, iss die Büchse mit. Die ist das schönste!“ oder wenn die letzte Überlebende einer Expedition verzweifelt die Aussage trifft: „Ich spiele hier nur mit, weil ich dem Produzenten einen geblasen habe.“
Da verwundert es nicht wirklich, dass der Film damals auf dem Index landete und die Erben des Tarzan-Autors Edgar Rice Burroughs ihre Zustimmung zur ursprünglichen Verwendung des Namens Tarzoon verweigerten.
In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass es sich bei dieser Fassung tatsächlich um den Directors Cut von Picha handelt, der in der Tat kürzer als eine der Kinofassungen ist. Somit stimmen auch einige Angaben zur Laufzeit auf diversen Portalen nicht. Vielmehr war die erste Kinofassung 77 Minuten lang, wurden aber von Picha selbst gestrafft und im Zusammenhang mit dem Streit um Tarzan entfernte er gemeinsam mit den Produzenten Szenen, in denen es um die Beleidigung des Dschungelkönigs ging.
Nach dem erfolgreichen Kinostart mit 1,3 Mio Zuschauern allein in Deutschland folgten diverse VHS-Auswertungen, einmal in Form der ersten Kinofassung mit 77 Minuten und dann die kürzere von VPS und VMP. Aus rechtlichen Gründen war es der WVG allerdings nicht möglich die längere Fassung mit zu veröffentlichen. Der vorliegende Director Cut ist jedoch die bestmöglich und internationale Version und mühsam restauriert worden, was im Vergleich zu anderen Fassungen und dem DVD-Bootleg deutlich zu sehen ist.
Ein wenig schade ist es daher, dass es keine weiteren Extras oder zumindest ein Wendecover ohne das FSK Logo gibt. Das i-Tüpfelchen wären zumindest deutsche Untertitel bei der französischen Sprachfassung gewesen.
Auch wenn mich „Schande des Dschungels“ vor etlichen Jahren, besser gesagt Jahrzehnten weitaus mehr fasziniert hat, ist er doch alles andere als platt und primitiv, wie vielfach behauptet wird. Dies ist vielmehr nur auf den ersten Blick und oberflächlich betrachtet der Fall. Auf dieser Ebene holt Picha wirklich mit der Megakeule aus und tobt sich in Sachen Sex & Violence ohne Rücksicht auf Verluste aus.
Schlichte Gemüter werden jedoch wenig Freude daran haben, denn auch wenn es teils wie in einer Achterbahn zugeht, ist „Schande des Dschungels“ alles anderer als ein „klassischer“ Zeichentrick-Porno noch bietet er durchweg Action oder begeistert mit besonders eleganten Zeichenlinien.
Vielmehr erweist sich die Story teils als ein wenig sperrig. Ich will nicht sagen langatmig, aber Picha tat gut daran die Laufzeit und Handlung zu straffen. Umso mehr werden erwachsene Film- und Zeichentrickfans von „Schande des Dschungels“ fasziniert sein, die sich keinen Deut um Political Correctness scheren und auch hinter vordergründigen Kalauern den Witz Pichas entdecken können und wollen.
Denn erst dann offenbart sich die „Schande des Dschungels“ in seiner ganzen unbarmherzigen Pracht und Fülle. Für alle anderen wird es für immer und ewig nur ein Angriff auf den guten Geschmack sein, der aber zumindest auch in dieser Hinsicht alle Belange erfüllt.
PS: Bei dem Trailer handelt es sich um den alten Kinotrailer. Das Bild ist also nicht repräsentativ für das restaurierte und bessere Bild der jetzigen DVD-Veröffentlichung.
Schande des Dschungels
Originaltitel / Alternativtitel: Tarzoon, la honte de la jungle
Genre: Erotikfilm, Zeichentrickfilm, Erotik Klassiker
Land / Jahr: Frankreich 1975
Laufzeit: ca. XX Min.
Studio / Vertrieb: WVG Medien GmbH
Regie: Picha
Erotik Darsteller: -
Format (Bild + Ton): DVD, PAL 16:9, Dolby, Deutsch & Französisch
DVD Extras: Trailer