Vom 22. bis 27. Oktober 2024 รถffnet das 19. Pornfilmfestival Berlin (PFFB) erneut seine Tore. In den Kinos Moviemento und Babylon Kreuzberg erwartet das Publikum ein vielseitiges Programm mit insgesamt 35 Langfilmen und 21 Kurzfilmprogrammen, das thematisch tief in die Bereiche Sexualitรคt, Feminismus, Genderdiversitรคt, Post-Porn und Body Politics eintaucht.
Das 2006 gegrรผndete Festival prรคsentiert sich dabei wie gewohnt als unabhรคngige, nicht-kommerzielle Veranstaltung, die ohne รถffentliche Fรถrderung auskommt und sich als eines der bedeutendsten alternativen Filmfestivals Deutschlands etabliert hat.
Dreifache Erรถffnung und ein bewegendes Finale
Ein Highlight in diesem Jahr: Die Erรถffnung des Festivals erfolgt erstmals mit drei Langfilmen. Den Auftakt bildet der Film „Her Body โ A True Porn Story“ (2023) der tschechischen Regisseurin Natรกlie Cรญsaลovskรก, der die Geschichte der ehemaligen Turmspringerin und spรคteren Pornodarstellerin Lea De Mae erzรคhlt.
Parallel dazu wird „Queen of the Deuce“ (2022) von Valerie Kontakos gezeigt, eine Dokumentation รผber die faszinierende Chelly Wilson, die in den 1970er Jahren in der New Yorker Pornoszene ein Imperium aufbaute.
Abgerundet wird die Erรถffnung durch „The Orgy of the Damned“ (2023), den zweiten Teil von Norbert Pfaffenbichlers bizarr-brutaler Trilogie, der mit dรผsterem Humor und surrealen Bildern รผberzeugtโ.
Der Abschluss des Festivals verspricht nicht minder eindrucksvoll zu werden. Der Dokumentarfilm „Another Body“ (2023) von Sophie Compton und Reuben Hamlyn beleuchtet die verstรถrende Welt der Deepfake-Pornografie und begleitet die junge Amerikanerin Taylor auf ihrer emotionalen Reise, nachdem sie erfรคhrt, dass solche manipulativen Videos von ihr im Internet kursieren.
Die Filmemacherin Sophie Compton wird an diesem Abend zu Gast sein, um mit dem Publikum รผber die tiefgreifenden ethischen und gesellschaftlichen Implikationen zu diskutierenโ.
Inhaltliche Schwerpunkte und aufregende Neuheiten
Ein besonderer Fokus des diesjรคhrigen Programms liegt auf dem Thema โSelfmade Pornโ โ ein wachsendes Genre innerhalb des Erotikmarktes, das auf selbstproduzierte Pornografie setzt. Hierzu werden gleich drei Kurzfilmprogramme prรคsentiert, die sich dem kreativen und empowernden Umgang mit dem eigenen Kรถrper und der Sexualitรคt widmen.
Zudem erhalten die Zuschauer Einblicke in die Arbeitsweise von Content Creators, die ihre Produktionen selbststรคndig umsetzen und dabei neue Wege in der Erotikfilmindustrie gehen. Ein Panel, auf dem mehrere dieser Content Creators zu Gast sein werden, bietet Gelegenheit, mehr รผber ihre Prozesse und Herausforderungen zu erfahrenโ.
Das diesjรคhrige Kurzfilmprogramm bietet darรผber hinaus neue Reihen, die es so in den Vorjahren nicht gab. So wird erstmals das Format „Hetero Porn Shorts“ gezeigt, das โ wie der Name vermuten lรคsst โ heterosexuelle Pornografie ins Zentrum stellt.
Weitere neue Kategorien sind „Future Visions“, das sich futuristischen und spekulativen Erzรคhlungen widmet, sowie „Liberated Desires“, das das Entfesseln von Sehnsรผchten thematisiert. Altbekannte und beliebte Reihen wie die Gay Porn Shorts, BDSM Porn Shorts und Fun Porn Shorts sind selbstverstรคndlich ebenfalls wieder im Programmโ.
Retrospektive: San Francisco als Epizentrum der sexuellen Befreiung
Ein besonderes Highlight des diesjรคhrigen Festivals ist die Retrospektive „San Francisco Sexual Babylon“, die die sexuelle Revolution der Nachkriegszeit in der Bay Area zelebriert. Kuratiert von Jon Davies, fรผhrt dieses Programm in die Geschichte der Stadt, die lange Zeit als Katalysator fรผr soziale und sexuelle Experimente galt.
In sechs speziell zusammengestellten Programmen werden sowohl fiktive Erzรคhlungen als auch Dokumentarfilme gezeigt, die die Erkundung neuer sexueller Mรถglichkeiten und die mutigen Schritte der Filmemacher*innen in dieser Zeit thematisieren. Zu den gezeigten Werken gehรถren Filme von Pionieren wie James Broughton, Curt McDowell und den legendรคren Cockettesโ.
Stars und Gรคste: Ein buntes Spektrum der Erotikbranche
Das Pornfilmfestival Berlin wird auch in seiner 19. Ausgabe wieder von zahlreichen namhaften Gรคsten aus der internationalen Erotik- und Filmszene begleitet.
Darunter sind Regisseurin Sophie Compton (Another Body), die franzรถsische Filmemacherin Anoushka (Chaos), Beatrice Manowski und Uwe Bohrer, die gemeinsam den Underground-Hit „Drop Out โ Nippelsuse“ schlรคgt zurรผck prรคsentierten, sowie bekannte Grรถรen wie Rosa von Praunheim.
Diese renommierten Filmschaffenden werden wรคhrend des Festivals nicht nur ihre Werke prรคsentieren, sondern auch in Podiumsdiskussionen und persรถnlichen Gesprรคchen dem Publikum Rede und Antwort stehenโ.
Online und Events: PFFB 2024 auch digital erlebbar
Wer es nicht persรถnlich nach Berlin schafft, hat die Mรถglichkeit, das Festival auch online zu erleben. Vom 28. Oktober bis 10. November 2024 wird eine Auswahl von acht Langfilmen und 97 Kurzfilmen รผber eine Streaming-Plattform verfรผgbar sein. Der Vorverkauf fรผr die Online-Tickets hat bereits begonnenโ.
Zusรคtzlich bietet das Festival zahlreiche Partys und Networking-Veranstaltungen. Besonders erwรคhnenswert ist die Adult Industry Only (AIO), eine B2B-Veranstaltung, die am 22. und 23. Oktober 2024 stattfindet und eine Brรผcke zwischen der alternativen und der Mainstream-Pornoindustrie schlagen soll.
Zum ersten Mal รผberhaupt wird die Europรคische Kommission offiziell an einer Veranstaltung innerhalb der Erwachsenenindustrie teilnehmen. Eleonora Esposito, Fallbearbeitungsbeauftragte der Generaldirektion Kommunikationsnetze, Inhalte und Technologien (DG CONNECT) der Europรคischen Kommission, wird als Panelistin an der Erรถffnungssitzung des โAdult Industry Onlyโ (AIO) Segments teilnehmen, das sich auf die Zukunft der Branche fรผr Erwachseneninhalte und deren Schnittpunkt mit Politik, Technologie und Innovation konzentrieren wird.
Fรผr Festivalbesucher*innen gibt es auรerdem am 26. Oktober eine groรe Party im Ritter Butzke sowie die feierliche Preisverleihung am 27. Oktober.
Ein Festival der Vielfalt und Offenheit
Das Pornfilmfestival Berlin bleibt auch 2024 seiner Mission treu, einen Raum zu schaffen, in dem Themen wie Sexualitรคt, Identitรคt und Kรถrpernormen frei und unvoreingenommen verhandelt werden kรถnnen.
Mit einem international durchmischten Publikum und einem Programm, das Grenzen รผberschreitet, bietet das Festival einen einzigartigen Einblick in die Welt der alternativen Erotik- und Pornokultur. Wer das Festival besucht, darf sich auf ein spannendes und inspirierendes Erlebnis freuen โ sowohl im Kino als auch im digitalen Raum.
รber das Festival
Das Pornfilmfestival Berlin ist ein unabhรคngiges, nicht kommerzielles und ohne รถffentliche Fรถrderungen finanziertes Filmfestival rund um das Thema Sexualitรคt, Politik, Feminismus, Genderdiversitรคt, Post-Porn and Body Politics. 2006 gegrรผndet, ist es somit das erste seiner Art in Deutschland.
Im Festivalprogramm laufen im Schnitt 25 bis 30 Langfilme sowie ca. 100 Kurzfilme, die in unterschiedlichsten Themenblรถcken Fragen zu Sexualmoral, Identitรคten, Kรถrpernormen, Moralvorstellungen in aller Welt und den kรผnstlerisch-alternativem Umgang mit dem Genre Pornografie verhandeln.
Von den im Durchschnitt 8000 erreichten Zuschauerinnen und Zuschauern sind etwas รผber die Hรคlfte weiblich, insgesamt ist das Publikum hetero-, homo- bi-, trans*, non-binรคr und queer gemischt und mit knapp 50% Besucher*innen aus aller Welt stark international.
Das Filmfestival ist eingerahmt von Podiumsdiskussionen, Vortrรคgen, Lesungen, Workshops, Performances und vielen Diskussionen und Prรคsentationen rund um das Thema Sexualitรคt heute.
Die zahlreichen Festivals mit รคhnlichem Fokus, die nach der Grรผndung des PFFB in vielen Stรคdten und Lรคndern entstanden, zeigen, dass ein Diskurs รผber einenย empowernden Umgang mit Sexualitรคt und Sexarbeit nach wie vor aktuell und eine Netzwerkarbeit wichtig ist, nicht nur fรผr die Community.
Gegrรผndet wurde das Festival von Filmemacher und -produzent Jรผrgen Brรผning. Es wird ehrenamtlich von einem engagierten internationalem sechskรถpfigen Team, bestehend aus Filmemacher*innen, Filmtheoretiker*innen, Filmproduzent*innen und Journalist*innen, in Berlin organisiert.
Das Festival findet meistens in der letzten Oktoberwoche statt, im รคltesten Kino Deutschlands, dem Moviemento in Berlin-Kreuzberg, sowie im Babylon Kreuzberg.
Weitere Informationen: pornfilmfestivalberlin.de