Allein schon angesichts des Produktionsjahres 1975 erweist sich The Taking of Christina als echter Genre-Klassiker des Pornofilms, der jedoch noch weitaus mehr zu bieten hat. So soll dieser Film, laut Vorspann, nämlich auf wahren Ereignissen basieren, die sich vom ersten bis dritten Oktober des Jahres 1974 zugetragen haben sollen.
Angesichts des heutigen Reality-Wahns, und der damals, wie heute oftmals einfallslosen Porno-Scripts, hätte Armand Weston keine bessere Entscheidung treffen können. Die besten Geschichten schreibt halt immer noch das Leben selbst.
The Taking of Christina: Eine Rache-Geschichte der besonderen Art
Die junge und jungfräuliche Chris (Bree Anthony) steht kurz vor ihrer Hochzeit und träumt schon bei der Anprobe des Hochzeitskleids von ihrer heißen Hochzeitsnacht mit ihrem Verlobten Larry (Jack Thompson). Dabei geht die Fantasie mit ihr durch, und sie fängt an, unter der Dusche an zu masturbieren. Sie erlebt einen romantisierten Akt, der in weichgezeichneten Bildern schwelgt und mit schwülstiger Musik untermalt ist.
Eine Szene im Übrigen, die sich in den 80er Jahren zu einer Standard-Inszenierung unzähliger Softcore-Filme entwickeln sollte.
Aber folgen wir zunächst Christinas Spuren, die vorerst in einem Kino-Abend mit Larry enden. Bezeichnenderweise schaut man sich einen Horrorfilm an und es ergibt sich ein Dialog zwischen beiden über das Thema Gewalt. Christinas Haltung ist eindeutig ablehnend, während Larry meint, es sei ja nur ein Film und die Menschen würden halt Gewalt sehen wollen.
Der Dialog ist zwar recht kurz und zielt eher auf den insgesamt Exploitationartigen Plot des Films ab, würde sich aber auch trefflich zu einer weiteren Interpretation des Themas anbieten, was aber den Rahmen dieses Reviews bei Weitem sprengen würde.
Die beiden fahren noch ein bisschen rum und fangen an zu knutschen. Larry will natürlich mehr und die Hochzeitsnacht schon mal vorziehen, was Chris in letzter Sekunde zu verhindern weiß. Zur gleichen Zeit überfallen zwei Männer eine nahe gelegene Tankstelle und stechen den alten Besitzer brutal nieder.
Larry, ganz der Mann, hat irgendwie noch nicht verwunden, dass er bei Chris nicht zum Zuge kam, und besucht zum ersten Mal in seinem jungen Leben einen Strip-Klub. Dort trifft er auf die „Bar-Dame“ Mary-Joe (Terri Hall), deren Reize er nur schwerlich widerstehen kann. Doch sein Platz wird schnell von den beiden Gangstern eingenommen, die weitaus weniger zimperlich Mary-Joe samt maskuliner Kollegin mit aufs Zimmer nehmen. Frank (Al Levitsky) hat dabei ein recht offensichtliches Frauenproblem und sein Kumpel Sonny (Eric Edwards) kann Mary-Joe noch so gerade eben vor einer Vergewaltigung bewahren. Frank schüttet sich daraufhin in der Bar zu, während Sonny einen Dreier mit den Mädels schiebt.
Im Vergleich zu heute wirkt der Dreier schon nahezu statisch und unbeholfen, aber ist definitiv Hardcore und endet mit einem doppelten Blowjob samt Facial.
Nachdem sich Sonny und Frank in einem verlassenen Ferienhaus einquartiert haben, fahren sie abends in die Stadt und Frank zehrt in einer Kurzschlusshandlung, die am Straßenrand stehende, Chris ins Auto. Als dann kurze Zeit später Larry am vereinbarten Treffpunkt eintrudelt, denkt er natürlich sofort seine Verlobte habe ihn versetzt und sucht Trost und Trotz bei Mary-Joe.
Währenddessen wird Chris in der Hütte auf recht brachiale Weise von Frank vergewaltigt. Das Ganze ist parallel zu der weitaus angenehmeren Entjungferung von Larry durch Mary-Joe geschnitten, was story- und szenentechnisch einen perfekten Clou ergibt. Bei den VCX Veröffentlichungen auf VHS aus dem Jahre 1982 ist die Vergewaltigungsszene übrigens auf eine Minute zusammengeschnitten. Bis auf die Originale-Kinofassungen sollten jedoch alle anderen Veröffentlichungen komplett sein und eine Laufzeit von ca. 85 Minuten haben.
Eine gewisse Pointe kann man auch der folgenden Szene nicht absprechen, als in der Bar Larry neben Frank sitzt, der gerade mit seiner Vergewaltigung prahlt. Das Leben ist halt oftmals eine bittere Ironie der Ereignisse.
Das körperliche Liebe auch schön und geil sein kann, erfährt Chris, als sie im Anschluss mit Sonny schläft. Auffällig in diesem Zusammenhang noch, dass Sonny zum Cumshot kommt, während Larry in Mary-Joe kommt, was den Gegensatz und die Umkehrung der romantisierten Liebesvorstellungen Christinas unterstreicht.
Während sich Larry noch mit seinem schlechten Gewissen plagt, scheint Chris wie verwandelt und will nach einem längeren Gespräch bei den Gangstern bleiben. Als Beweis ihrer Glaubwürdigkeit fordert Frank einen Dreier, in dem Chris auch gleich erfährt, was ein Sandwich ist.
Am nächsten Tag fahren die Drei zu Christinas Haus, da sie angeblich noch Geld und Klamotten holen müssten und The Taking of Christina nähert sich seinem dramatischen Ende.
The Taking of Christina: Sex & Violence pur
Mit The Taking of Christina hat Regisseur Armand Weston einen Film, ja richtig gelesen, einen Film geschaffen, wie man ihn hinsichtlich der dramaturgischen Dichte, sowie gelungenen Verknüpfung aus B-Movie und Hardcore-Elementen kaum noch im Dunstkreis des Pornofilms antrifft. Eigentlich ein Musterbeispiel dafür, wie ein Porno-Spielfilm aussehen kann und wie man die beiden Komponenten „Sex & Violence“ vereinen kann. Moralische Aspekte seien an dieser Stelle dabei mal ganz außen vorgelassen …
Als modernes Beispiel würden hier vielleicht noch am ehesten einige der Spielfilm-lastigen Werke von Conrad Son einen annähernden Vergleich bestehen können und den Weg zu anderen potenziellen Zuschauerkreisen aufweisen.
Zu den Hauptdarstellern lässt sich noch festhalten, dass alle recht gut spielen und die Charaktere glaubwürdig verkörpern. Von Bree Anthony, Al Levitsky und Jack Thompson hat man zwar später nicht mehr viel gesehen, aber dafür um so mehr von Terri Hall und Eric Edwards, die bereits zum damaligen Zeitpunkt zu den Top-Stars im Adult-Business zählten.
Terri Hall verbuchte ihre größten Erfolge durchweg in den 70er Jahren und war einer der Porno-Stars im Adult Biz. Dies verdankte sie zum einen sicherlich ihrer ansprechenden Darstellerkunst wie zum anderen ihrem aufregenden Körper, den sie durch jahrelanges professionelles Balletttraining in Form hielt. Ihre beste Performance liefert sie in Daminaos „Story of Joanna“ und dem ebenfalls ’75 erschienenen „Suzie’s take out service“.
Terri Hall zog sich ab 1977 aus dem Rampenlicht zurück und geriet leider mit der wachsenden Popularität von neuen und aktiven Erotik-Stars wie Marilyn Chambers oder Anette Haven ins Abseits. Ihren verbliebenen Fans wird sie dennoch als eine der besten und schönsten Porno-Stars der 70er unvergesslich bleiben.
Dem charmanten Eric Edwards ist dieses Schicksal bisher erspart geblieben und er zählt zu den am längsten aktiven Darstellern im Pornofilm. Edwards zog erstmals 1969 in einer Szene mit Linda Lovelace die Aufmerksamkeit auf sich und wirkte seitdem in weit mehr als 500 Produktionen mit.
Im Zuge des Erfolgs von „Deep Throat“ war die Karriere von Eric Edwards nicht mehr zu stoppen und ein Award, inklusive zahlreicher Lifetime-Awards, folgte dem nächsten, wie auch eine Karriere als Regisseur. Als eine seiner besten Szenen wird sicherlich der Dreier mit Christy Ford und Robin Byrd in Erinnerung bleiben.
Unbedingt mal ansehen!
The Taking of Christina
Originaltitel / Alternativtitel: Adult Abduction
Genre: Erotikfilm, Porno Spielfilm, Pornofilm Klassiker
Land / Jahr: USA 1975
Laufzeit: ca. 84 Min.
Studio / Vertrieb: VCX
Regie: Armand Weston
Erotik Darsteller: Bree Anthony, Terri Hall, C.J. Laing, Al Levitsky (aka Roger Caine), Eric Edwards, u.a.
Format (Bild + Ton): VHS, Englisch