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History of Porn (3) – Der pornografische Film in den 30er Jahren

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In Zeiten der Krise leidet nicht nur der Mensch an sich. Die kulturellen Erzeugnisse spiegeln zumeist ebenfalls die schlimmen Umstรคnde wider, unter denen sie entstanden sind. Wahre Kunst jedoch setzt sich durch und verarbeitet in der Regel die Missstรคnde der Zeit, um diese kritisch zu beรคugen.
Insofern entstehen gerade in Krisenzeiten wichtige Kunstwerke, welche in ihrer Substanz den Arbeiten aus sorglosen Zeiten oft weit รผberlegen sind.

Pornografen, Kรผnstler und die Depression

In Amerika herrscht in den 30er Jahren eine Krise, die das Land erschรผttert wie selten zuvor. Nach dem โ€žschwarzen Freitagโ€œ im Oktober 1929 stรผrzt ein GroรŸteil der Bevรถlkerung der Vereinigten Staaten fรผr fast eine Dekade in Armut.
Die Kรผnstler reagieren auf die โ€žGroรŸe Depressionโ€œ ihre Weise: Schriftsteller prangern die politische Unfรคhigkeit der fรผhrenden Kรถpfe an, Maler symbolisieren das Elend in Gemรคlden und Comichelden wie Donald Duck und Superman werden geboren, um auf ihre Art die Not zu bewรคltigen und das Volk abzulenken.

Hollywood und die Filmindustrie mรผssen sich ebenfalls mit der Krise auseinandersetzen, denn kaum jemand hat genug Geld fรผr das Kino.
Um den Menschen trotzdem etwas bieten zu kรถnnen, entstehen neue Techniken, neue Stars werden aufgebaut und neue Genres werden entdeckt. So darf sich beispielsweise der junge James Cagney in dem frรผhen Tonfilm โ€žPublic Enemyโ€œ (1931) den Weg durch die ungerechte Gesellschaft nach oben schieรŸen.

Doch wo in Hollywood die Not zur Tugend wird und die Depression rรผckblickend eine sehr fruchtbare Zeit war, stagniert die Entwicklung des Pornofilms.
Dieses Faktum soll nicht etwa von vornherein ausschlieรŸen, dass der pornographische Film an sich nichts Kรผnstlerisches an sich haben kann, es verdeutlicht lediglich den Stellenwert des Genres zu dieser Zeit. Nach den โ€žGoldenen Zwanzigernโ€œ, in denen die moralischen MaรŸstรคbe heruntergeschraubt wurden, bringt die Not der Weltwirtschaftskrise Moralisten wieder auf den Plan.
Darรผber hinaus haben die Menschen mit anderen Problemen zu kรคmpfen, als mit der neuen Zensur.

Vom sexuellen Akt an sich und Quantitรคt statt Qualitรคt

Der Pornofilm wird mehr denn je degradiert und dient nur noch zur schnellen Bedรผrfnisbefriedigung. Von daher verwundert es nicht, wenn in den entsprechenden Werken dieser Epoche die Technik wieder auf Amateurniveau rutscht und die โ€žSchauspielereiโ€œ zum Knallchargentum verkommt.
Warum sollte man sich auch besonders viel Mรผhe geben, wenn im Augenblick ohnehin niemand die Qualitรคt zu schรคtzen wรผsste?

Der Mangel an Qualitรคt im amerikanischen Pornofilm zieht sich durch die 30er Jahre bis nach Ende des Zweiten Weltkriegs. Anders als im Spielfilm aus Hollywood fallen hier die gesellschaftlichen Aspekte wieder vรถllig unter den Tisch.
Wichtig ist nur, dass der Akt an sich vollzogen wird. Von kรผnstlerischem Anspruch, wie er noch in der Dekade zuvor auszumachen war, geschweige denn der Originalitรคt der franzรถsischen Filme, ist hier nichts mehr zu spรผren.
Auch technisch bleibt alles sehr minimalistisch. Anders verhรคlt es sich jedoch mit der Quantitรคt.

In den 30er Jahren boomt der pornographische Film. Das Geschรคft damit ist zwar nicht sehr ertragreich, doch jeder, der sich eine Kamera leisten kann, ist potentiell imstande, seinen Beitrag zu leisten und davon zu profitieren. Der Markt wird dadurch unรผbersichtlich und etabliert sich in erster Linie im kleinen Kreise. SchlieรŸlich muss man darauf achten, nicht von der staatlichen Zensur aufgespรผrt zu werden.
Eine weitere Folge davon ist, dass auch die Vervielfรคltigung unter der Geheimhaltung leidet und somit die Qualitรคt der Kopien immer schlechter wird.

Cumshots: Ein neuer Standard oder der sichtbare Orgasmus

Eine interessante Neuerung vollzieht sich trotzdem in den 30er Jahren. Es handelt sich dabei um ein Detail, welches heutzutage als vรถllig selbstverstรคndlich hingenommen wird, zu dieser Zeit jedoch zum ersten Mal im Bild zu sehen ist und seitdem nicht mehr wegzudenken ist: Der mรคnnliche Orgasmus, der Samenerguss also, wird nicht im Kรถrper der Frau vollzogen, sondern deutlich sichtbar auรŸerhalb.

Was heute als Standard angesehen wird und worรผber sich keiner groรŸartige Gedanken macht (im Gegenteil, es wird sogar mit Titel wie โ€žThe Best of Oral Cum Shotsโ€œ und dergleichen explizit dafรผr geworben), ist vor etwa 70 Jahren noch ein Zeichen fรผr die Echtheit des Gezeigten.

SchlieรŸlich kann man den mรคnnlichen Orgasmus schwerlich vortรคuschen und Computereffekte sind noch nicht zur Hand. Was allerdings bei diesem Thema zu bedenken ist, ist die Tatsache, dass damit dem sexuellen Akt ein weiterer Teil der natรผrlichen Aufgabe genommen wird.
AuรŸerdem wird der Mann ein Stรผck weiter unabhรคngig von der Frau.

Neue Sex Spielarten in der Krise

Im Gegensatz zum europรคischen Pornofilm, der, wie bereits in einem frรผheren Teil dieser Serie beschrieben, auch inhaltlich vรถllig neue Wege beschreitet, besteht das amerikanische Pendant zum GroรŸteil daraus, den sexuellen Akt eines einzigen Paares zu zeigen. Orgien und Lesbensex sind hier eher selten anzutreffen, doch etablieren sich einige andere Elemente.

So gibt es vermehrt urinierende Frauen zu sehen, welche die Zuschauer der Zeit zu faszinieren scheinen. Auch kopulierende Tiere scheinen einen Reiz auszuรผben.
So wird in dem 30er Jahre Streifen โ€žThe Farmerโ€™s Daughterโ€œ eine Frau gezeigt, die durch den Geschlechtsakt von Pferden, den sie beobachtet, derart erregt wird, dass sie in einen Wassertrog pinkelt. Ein Arbeiter der Farm trinkt daraus und wird dadurch dermaรŸen angeheizt, dass er sich alsbald auf die willige Dame stรผrzt.
AuรŸerdem fรคllt auf, dass der Humor, der sich in den 20er Jahren noch in abstrusen Slapstickeinlagen zeigt, vรถllig aus dem Pornofilm weicht. Stattdessen steigt der Anteil der Gewalteinlagen. Vergewaltigungsszenen werden nachgestellt, Fesselungen werden vollzogen, Frauen benutzen immer grรถรŸere Dildos und sogar der Sex mit Tieren findet seine Darstellung.

Auch dies sind Ausprรคgungen der Not der Zeit. Sex ist ein Ventil geworden, durch welches sich Frustration entlรคdt. Die Aggressionen wenden sich nach innen. Dazu fordert die strenger gewordene Moral nahezu dazu auf, sich ihr zu widersetzen.
Dies wird beispielsweise in dem Film โ€žKeyhole Silhouettesโ€œ (1932) deutlich, in welchem ein Hausmeister โ€“ und mit ihm der Zuschauer – nahezu besessen davon ist, durch die Schlรผssellรถcher auf das Verbotene zu schauen. Was sich ihm zeigt, ist nichts anderes als die kruden Sexszenen mit den oben beschriebenen Attributen. Dies รคndert sich jedoch in der zweiten Hรคlfte des Jahrzehnts wieder.

Wenn man hinsichtlich der spรคten 30er Jahre und der Depression in Bezug auf Hollywood von โ€žNew Deal Filmenโ€œ sprechen kann (der New Deal war ein allumfassender Wirtschaftsplan des damaligen Prรคsidenten Roosevelt, um der Notlage Herr zu werden), so gibt es auch den sogenannten โ€žRoosevelt Pornoโ€œ.
Hier geht der Anteil der Gewalt in den Filmen wieder zurรผck. Die negativen Themen der Produktionen zuvor weichen erneut humoristischen Einlagen und der SpaรŸ am Sex beginnt, sich wieder einen Weg auf die Leinwand zu bahnen.
Auch der Lesbensex etabliert sich nun. Im diesem Zuge entsteht der erste Pornofilm, in dem ausschlieรŸlich Frauen mitspielen (โ€žAdventures Abroadโ€œ).

Welche Wege der amerikanische Pornofilm weiter beschreitet und wie es zur gleichen Zeit in Europa aussieht, wird im Mittelpunkt des nรคchsten Teils unserer โ€žHistory of Pornโ€œ stehen. Bis dahin: Viel SpaรŸ beim Durchforschen der Videotheken nach den angestaubten Relikten unserer Ahnen.

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