Nachdem wir zuletzt Russ Meyers „vernachlässigten“ Klassiker „Mudhoney“ vorgestellt haben, geht es nun mit „Motorpsycho“ weiter. Das Werk entstand fast unmittelbar im Anschluss an Mudhoney, da diesem kein direkter Erfolg an der Kinokasse zu Teil wurde.
Russ Meyer und die wilden Hengste!
Russ Meyer verließ sich von nun wieder lieber auf sich selbst und sein Talent und drehte „Motorpsycho“ in nur drei Wochen, einer Mini-Crew samt einer Handvoll Darsteller und einem bescheidenen Budget (ca. $ 37.000) ab. Das Team hauste in Wohnwagen in der Wüste und Unfälle und Schlangenbisse bestimmten den Tagesablauf, während Meyer nachts die Darsteller von Affären abhalten musste. Um nicht die Kontrolle zu verlieren und am nächsten Tag ein fittes Team am Set zu haben, übernachtet Meyer selbst bei den drei Darstellerinnen.
Die Story zu „Motorpsycho“ stammt von ihm selbst und wie sich recht schnell erwies, lag er damit genau richtig. Setzte er doch vom Tenor schon auf das aufblühende Genre der „Biker“-Filme, deren Erfolgswelle erst ein ganzes Jahr später, durch Roger Cormans „Wilde Engel“, mit Peter Fonda in der Hauptrolle, ausgelöst werden sollte.
Wie auch in seinem späteren Kultstreifen „Faster, Pussycat! Kill, Kill!“ ändert Meyer in „Motorpsycho“ neben der Thematik auch die Konzeption seiner Filme: Er setzt nun anstatt einer langen Einführung a la „Mudhoney“, auf die sofortige Exposition seiner Story, die sich in Action- und Sexszenen seiner Charaktere unmittelbar zu Beginn des Films niederschlägt.
Zugleich reagiert Meyer damit auf das veränderte Konsumverhalten der Amerikaner in den 60er Jahren: Die sogenannten „Drive-Ins“ (Autokinos) sind gerade bei der ländlichen und einfachen Bevölkerung angesagt und dieses Publikum gierte nun mal verstärkt nach seichter Filmkost in Form von Action-, Sex- und später auch Horrorfilmen.
Die Grundelemente von „Motorpsycho“ entnimmt Meyer übrigens den Tageszeitungen, die sich damals mit Sensationsmeldungen über umher streunende Rockerbanden im Land übertrafen und dem Beginn des Vietnamkrieg, was sich im Film allerdings nur bedingt widerspiegelt.
Der Film eröffnet mit dem Anblick eines vollbusigen Mädchens (Arshalouis Aivazian) im Bikini, welches gelangweilt ihrem Mann beim Angeln zusieht. In der nächsten Szene tauchen dann auch schon, die drei „wilden“ Kerle auf. Im einzelnen wären das der Ex-GI Brohmin (Stephen Oliver), ein brutaler Choleriker; Slick (Thomas Scott), der sich anscheinend nur für Rockmusik aus seinem Transistorradio interessiert; sowie der schöne, aber dumme Dante (Joseph Cellini).
Die zuvor angesprochene Exposition erfolgt in Szene drei, als die drei auf die zuvor gezeigte scharfe Bikini-Braut und ihren Mann treffen. Bevor sich die drei über das Mädchen hermachen, schlagen sie noch skrupellos ihren Mann zusammen, der sie beschützen will. Doch das war erst Auftakt der folgenden Tour de force. Denn bei der Fahrt durch die anliegende Kleinstadt, haben sie schon das nächste Opfer ausgemacht. Es ist die junge Gail (Holle K. Winters), Ehefrau des örtlichen Tierarztes Corey Maddox (Alex Rocco). Doch noch kann Maddox durch sein energisches Auftreten Schlimmeres verhindern. Als er dann später bei einer vollbusigen Blondine, die ihn zudem verführen will, die Pferde untersuchen muss, vergnügen sich die drei „Psychos“ in seiner Abwesenheit mit Gail. Das zweifelhafte Vergnügen endet für Gail mit einer brutalen Vergewaltigung. Maddox trifft gerade noch rechtzeitig ein, um zu erleben wie seine geliebte Frau vom Notarzt abtransportiert wird.
Maddox schwört umgehend Rache und macht sich an die Verfolgung des Trios. Die drei „Anti“-Helden prügeln derweil aus Langeweile auf einen älteren Mann ein, der mit der attraktiven Ruby (Haji) verheiratet ist. Zu allem Unglück, welches die drei schon angerichtet haben, erschießt Slick im Handgemenge auch noch versehentlich den alten Mann. Die Ereignisse eskalieren weiter und Brohmin schießt auf die fliehende Ruby. Mit einem Auto flüchtet das Trio in die angrenzende Wüste.
Auf seiner Suche findet Maddox die verletzte Ruby und beide folgen dem Trio in die Wüste. Dort geraten sie in einen Hinterhalt von Brohim, beide können jedoch entkommen, wobei Maddox noch von einer Schlange gebissen wird. Derweil geraten sich die drei untereinander in die Haare und Brohmin erschießt Slick nachts, als er sich davon machen will. Auch Dante flieht, trifft aber auf Ruby, die ihn verführt und mit einem Messer ersticht. Am nächsten Tag dreht Brohmin in der Mittagshitze der Wüste völlig durch und wähnt sich zurück in Vietnam. Er verletzt erneut Ruby, ehe ihn Maddox zu guter Letzt mit einer Ladung Dynamit in die Hölle schickt.
Wie schon der Inhaltsangabe zu entnehmen ist, lässt Russ Meyer seinen Charakteren hier noch Raum für Dialoge, die aber meist nicht länger als notwendig, für den Verlauf der Story, gehalten sind. Ein Ereignis jagt das nächste, so dass Meyer auf einem nahezu konstanten Level, das Tempo und den Zuschauer in Atem hält.
Das Ergebnis ist ein gelungener Mix aus Elementen des Exploitation- und Trashfilms, sowie klassischer Action-Dramen. Ein Umstand, den er im folgenden Werk „Faster, Pussycat! Kill, Kill!“ noch perfektionieren sollte.
Wie eigentlich bei all seinen Werken ist auch „Motorpsycho“ (trotz des mageren Budgets) handwerklich sauber inszeniert und mit den Meyerischen Akzenten versehen. So trifft Russ Meyer in seinem Gastauftritt als Sheriff, anlässlich Gail’s Vergewaltigung, die zynische Aussage: „Ihr ist schließlich nichts passiert, wozu eine Frau nicht gebaut wäre.“ In die gleiche Kerbe, mit einer gehörigen Portion Selbstironie versehen, schlägt auch die Aussage Rubys auf Maddox Frage, warum sie einen älteren Mann geheiratet hat. Nach der Aussage, sie sei zuvor anschaffen gegangen antwortet sie auf sein erstauntes Aussehen: „Was hast du erwartet – die Geschichte von Fanny Hill?“
Davon abgesehen, steht jedoch hier insgesamt weniger der Sex als vielmehr die Action im Vordergrund, wenngleich auch hier wieder einige wohlgeformte Mädels für kurze Zeit im Fokus des Betrachters zu glänzen wissen.
„Motorpsycho“ ist kurz, direkt und gleichermaßen unterhaltend, wie sehenswert! Ein Muss für Fans und alle die es noch werden wollen!
Motorpsycho!
Originaltitel / Alternativtitel: Motor Psycho, Rio Vengeance
Genre: Erotikfilm, Sex Spielfilm, Sexfilm Klassiker
Land / Jahr: USA 1965
Laufzeit: ca. 74 Min.
Studio / Vertrieb: Eve Productions / WVG Medien
Regie: Russ Meyer
Erotik Darsteller: Haji, Holle K. Winters, Alex Rocco, Stephen Oliver, Thomas Scott, Joseph Cellini, u.a.
Format (Bild + Ton): DVD, PAL 4:3, DD 2.0 (dt.)
DVD Extras: -