Die Veröffentlichung von „Heiße Nächte in Hollywood“ bei Intimatefilm hat wohl nicht nur mich etwas überrascht. Schließlich ist der Film nach 47 Jahren nun zum ersten Mal in Deutschland und mit deutscher Synchro veröffentlich worden.
Und zugegebenermaßen, da ich zum einen gerne 70er/80er Jahre Filme schaue und zum anderen auch gerne Sexploitation-Streifen mag, war die Erwartungshaltung auch aus weiteren Gründen durchaus hoch. Aber dazu später mehr!
Heiße Nächte in Hollywood: Die Storyline
Die Storyline von „Heiße Nächte in Hollywood“ ist leider alles andere also originell und nicht weniger ominös als die gesamte Produktion an sich.
Alles beginnt, wie so oft, auf einer Party auf der sich vier junge Frauen von einer mysteriösen Wahrsagerin aus der Hand lesen.
Und wenig überraschend verspricht sie Laura, Bridgette, Serena und Suzie nicht mehr und nicht weniger als aufregende Abenteuer, die von gestohlenen Diamanten, frechen Betrügereien bis hin zu einer prickelnden Liebesaffäre reichen.
Die Mädels wissen jedoch ganz genau, wie sie im Hollywood der Siebzigerjahre, die von sich selbst maßlos überzeugte Männerwelt mit Charme und Sex, ganz leicht um den Finger wickeln können, um ans eigene Ziel zu gelangen!
Dames and Dreams: Cast & Crew
Fangen wir mal bei der Crew, genauer gesagt dem Regisseur an. Harry Sahn ist in der Filmgeschichte nur ein einziges Mal aufgetreten und zwar mit diesem Film. Und das ist vorweggenommen, auch nicht weiter schlimm und eigentlich auch gut so. Ob der Name nun ein Pseudonym ist oder nicht sei an dieser Stelle mal mangels Fakten offengelassen.
Fakt ist zumindest, dass er hinsichtlich der hier zu sehenden Leistung meilenweit von Legenden, wie Russ Meyer, Jess Franco oder Alois Brummer, um mal in deutschen Soft—Sex-Gefilden zu bleiben, entfernt ist. Dennoch hat „Heiße Nächte in Hollywood“ seine Stärken, die jedoch in anderen Aspekten des Films liegen.
Interessanterweise gibt es nicht weniger als 3 gelistete Drehbuch-Autoren, sowie 5 Produzenten, die an diesem Film beteiligt waren. Allerdings sind lediglich Tony Manolikakis und Daniel Roy in unterschiedlichen Rollen dem Film bis heute treu geblieben. Wenngleich auch in völlig anderen Genres. Eine ganz besondere Rolle kommt dagegen Jacques Descent zu, doch dazu an anderer Stelle mehr später mehr.
Heiße Nächte in Hollywood mit Serena & Tallie Cochrane
Mit Serena & Tallie Cochrane tauchen gleich zwei echte Perlen unter den ansonsten weitestgehend unbekannten Schauspielerinnen auf. Beide verschenken hier jedoch in diesem Werk im wahrsten Sinne des Wortes ihre späteren Talente.
Serena – Model, Pornostar, Künstlerin
So handelt es sich bei der lockigen Blondine namens „Serena“, die hier noch als Jenn Serena Gillian gelistet ist, um eine durchaus bekannte Pornostar-Legende der frühen 80er Jahre.
Die 1951 geborene US-amerikanische Darstellerin rannte von zuhause weg und wurde von einem Make-Up Artist entdeckt. Nachdem sie zunächst für diverse Männer-Magazine modelte, wechselte sie ins Pornofilm-Genre und spielte von 1975 bis 1988 in über 100 Hardcore-Produktionen mit.
Darunter auch in einigen Klassikern von VCA, wie „Lust at first Bite“, „Princess Seka“ oder „Insatible“. (VCA) oder auch „Taxi Girls“ (VCX) und „800 Fantasy Lane“, wo sie unter anderem gleich mit einer Fisting- und Facial-Szene glänzte.
Der heute 70-jährige wurde eine Affäre mit Warren Beatty nachgesagt und sie soll seit vielen Jahren als Malerin von erotischen Bildern in der Bay Area von San Franzisko leben und arbeiten. Zudem soll sie zwei Jahre mit Hardcore-Legende Jamie Gillis liiert gewesen sein und hat eine Tochter aus einer späteren Ehe.
Serena wurde 1997 mit dem „Legends of Erotica“-Award ausgezeichnet und als „film pioneer“ in die XRCO Hall of Fame aufgenommen.
Tallie Cochrane – Ein Multitalent in jeder Hinsicht
Keineswegs weniger interessant gestaltete sich die Film-Karriere der feurigen Brünetten Tallie Cochrane, die 1944 im Memphis geboren wurde und leider schon mit nur 66 Jahren im Jahr 2011 verstorben ist.
Wie auch schon die zuvor erwähnte Serena, verkaufte sich auch die hübsche wie talentierte Tallie Cochrane in diesem Film weitaus unter Wert.
Die Arzttochter aus gutem Hause besuchte die Universität, die sie auch abschloss und stand bereits im Kindesalter auf der Theaterbühne. Die gelernte Tänzerin zog im Alter von 24 Jahren nach Hollywood, wo sie Ende der 60er Jahre erste kleine Rollen annahm.
In den folgenden Jahren spielte sie in zahlreichen Sexploitation und Drive-In Exploitation Produktionen mit. Darunter wohl ihre denkwürdigsten Rollen als Manson-mäßiges Kult-Girl in „Der Satan“ (1971), rücksichtlose Lesbe in „Five Loose Women“ (1974), unglückliche Anhalterin in „Girls for Rent“ (1974) von Al Adamson, gemeines Hippie-Girl „Der Rasiermesser-Killer“ (1974) oder als Prostituierte in dem Blaxploitation Kracher „The Candy Tangerine Man“ (1975).
Nicht weniger häufig war sie an der Seite ihres ersten Ehemanns und Schauspielers Patrick Wright zu sehen. Der ist hier als Fahrer einer Limousine zu sehen und gemeinsam standen sie unter anderem in „Tarz & Jane Cheeta & Boy“ (1975), „Only in My Dreams“ (1970), „Laß jucken im Heu“ (1973) oder „The Amorous Adventures of Don Quixote and Sancho Panza (1976)“ und etliches mehr vor der Kamera. Das bis weit in die 80er Jahre hinein, ehe sie 1984 ihren zweiten Mann heiratete.
In der 70er Jahren drehte sie auch noch einige Sexploitation-Filme, in denen sie meist in Lesbensex oder non-Sex Auftritten zu sehen ist. Lediglich in „Changes“ aus dem Jahr 1970 soll sie als Tally Wright eine BlowJob-Szene gedreht haben. So verwundert es auch nicht, dass sie in den frühen 1970er Jahren eine Casting-Agentur für die Erotikfilmindustrie in New York City leitete. Im Verlauf dessen lernte sie auch Legenden wie John Holmes, Uschi Digard oder den Sexploitation-Pionier Joseph W. Sarno kennen.
Von Mitte der 70er bis Anfang der 80er Jahre, war sie bei einigen Film-Produktionen auch fürs Make-Up verantwortlich und fungierte zudem als associate producer, wie zum Beispiel bei „Die heißen Teens von Malibu Beach (1976)“.
Zudem sprach die zweifache Mutter in vielen Filmen die Voice Over Parts, lebte kurze Zeit in Italien und war in TV-Werbespots zu sehen.
Das war auch leider schon das einzig wirklich interessante an Fakten aus „Heiße Nächte in Hollywood“ und hat mit dem eigentlichen Film leider nicht allzu viel zu tun.
George Buck Flowers – Vom Sex- zum Mainstream-Film
Erwähnenswert und warum der Film gerade für Film-Sammler und Sexploitation-Fans interessant ist, wäre die Tatsache, dass hier zum einen auch noch George ‚Buck‘ Flower zu sehen ist, der vielen aus den Filmen John Carpenter bekannt sein dürfte.
Zugleich ist Buck einer der wenigen Schauspieler, der den Weg aus dem Sexploitation-Film bis hin zum TV geschafft hat.
Jacques Descent – Filmtierarzt mit vielen Facetten
Hinter der Kamera und den Kulissen von „Heiße Nächte in Hollywood“ spielte dagegen Jacques Descent eine entscheidende Rolle und ist maßgeblich für die Wiederveröffentlichung von „Dames & Dreams“, so der Originaltitel von „Heiße Nächte in Hollywood“ verantwortlich.
Denn in der Tat galt die „Sex-and-Crime-Sage“ lange Zeit als verloren. Erst im Jahr 2017 wurden ursprüngliche Filmelemente wiederentdeckt und dankenswerter Weise an Jacques Descent übergeben.
Der Filmtierarzt Jacques Descent war Produzent und Kameramann des Films und leitete früher ein Studio in Hollywood, in dessen Innenräumen „Dames & Dreams“ gedreht wurde. So wie damals übrigens nahezu 50 weitere Filme.
Für die aufwendig und liebevolle Restaurierung des Materials gründete er eigens die Firma DéJà VUE Films, um den Film letztendlich zu vervollständigen. Jacques Descent ist zudem im Film auch in einer Gastrolle (Mann am Flughafen) zu sehen.
Das Fazit zum Film
„Heiße Nächte in Hollywood“ ist ein schwieriger Fall, wenn es um eine abschließende Wertung geht. Im Filmhistorischen Kontext gesehen ist „Dames & Dreams“ sicherlich aufgrund schon seiner Geschichte und Mitwirkung der genannten Akteure sehenswert. Als Genre-Beitrag eher weniger. In den USA hinsichtlich der nackten Tatsachen sicherlich noch mehr als hierzulande.
Da hatten die deutschen Sex-Komödien der 70er Jahre zum Teil nicht nur mehr an nackter Haut zu bieten, sondern waren auch handwerklich solider gemacht. Nicht zuletzt hielt auch der Unterhaltungsfaktor die Zuschauer mehr bei der Stange als es „Heiße Nächte in Hollywood“ gelingt.
„Heiße Nächte in Hollywood“ wirkt gerade aus heutiger Sicht eher unfreiwillig komisch und sehr bemüht seine Krimi-Geschichte zwischen den Softsex-Szenen an den Mann zu bringen. Dies mag vermutlich auch an vielen Stellen der Tatsache geschuldet sein, dass Jacques Descent bei der Rekonstruktion des Materials versuchte das Bestmögliche aus dem Material herauszuholen.
Immerhin bekommt der Zuschauer das geboten, worauf das männliche Publikum damals wahrscheinlich mehr Wert legte: nämliche auf nackte Haut und allerlei Sex-Szenen in den verschiedensten Konstellationen und Orten.
Was man im positiven Sinne festhalten kann: Das Flair der 70ties ist in „Heiße Nächte in Hollywood“ vom Naturbusen bis zum Buschwerk authentisch eingefangen, was nicht weniger für die knappen wie knalligen Outfits und Locations gilt.
Das Resultat ist ein mitunter recht bizarrer Mix aus Erotik, Krimi und leider unfreiwilliger Komik, der ein „jüngeres“ wie auch breiteres Publikum eher langweilen als unterhalten wird. Immerhin werden Film-Sammler und Liebhaber von Sexploitation-Filmen mit einem ganz speziellen wie besonders seltenem Werk der Filmgeschichte beglückt. Ob es jetzt auch jeden einzelnen begeistert sei an dieser Stelle mal bewusst offen gelassen …
Heiße Nächte in Hollywood
- Originaltitel / Alternativtitel: Dames and Dreams
- Genre: Erotikfilm, Sexfilm
- Land / Jahr: USA 1974/2020 (D 2021)
- Laufzeit: ca. 78 Min.
- Studio / Vertrieb: Deja Vue Films / Intimatefilm
- Regie: Harry Sahn
- Darsteller: Margie Lanier, Jenn Serena Gillian, April Showers, Brandy Saunders, Toni Telo, John Goff, George Buck Flower, u.a.
- Format (Bild + Ton): DVD, Stream, Blu-ray 16:9 (1080p), Deutsch DTS-HD 5.1, Englisch DTS-HD 5.1
- Extras: Trailer