All about Anna kรถnnte man auch problemlos mit โNeues aus Dรคnemarkโ oder โein Porno fรผr die Frauenโ bezeichnen. Schlieรlich stammt dieser Erotikfilm von Lars von Trier und seiner auรergewรถhnlichen Produktionsschmiede INNOCENT PICTURES, die zuvor schon mit โPink Prisonโ und โConstanceโ zu begeistern wussten. Allerdings weicht โAll about Annaโ doch um einiges mehr von gรคngigen Pornoklischees wie auch den genannten Vorgรคngern ab.
All About Anna: Ein Pornofilm mit Herz
Unter Beachtung des selbst auferlegten โPuzzy Powerโ Dogmas stellt โAll about Annaโ damit auch den Auftakt zu einem neuen Genre da, das sich โHeartcoreโ nennt. Dahinter verbirgt sich weniger ein weiterer Edel-Porno, als vielmehr ein Erotikfilm, der mit einer durchaus romantischen Geschichte, einer guten Prise Humor, einem Hauch Dramatik und รผberraschend explizitem Sex daherkommt.
โAll about Annaโ erzรคhlt das Lieben und Leiden von Anna (Gry Bay), die zu Beginn des Films von ihrer groรen Liebe Johan (Mark Stevens) schlicht und ergreifend verlassen wird. Er sucht das groรe Abenteuer, sie die groรe Liebe…
Mit gebrochenem Herzen konzentriert sich die junge Frau auf ihre Arbeit und flรผchtige Affรคren, stets auf der Hut keine feste Bindung einzugehen und erneut verletzt zu werden. Da kann auch die Beziehung mit Frank (Thomas Raft) nicht drรผber hinweg tรคuschen. Denn trotz einer romantisch heiรen Sex-Nummer beim Renovieren der Wohnung, entflieht sie der Beziehung mit Frank. Zu groร ist ihre Angst, erneut die Tatsache akzeptieren zu mรผssen, dass menschliche Beziehungen (selbst die mit den besten Intentionen) risikoreich und schmerzlich sein kรถnnen.
Ihre Gefรผhlswelt gerรคt noch ungleich mehr in Aufruhr, als sich einer der Mรถbelpacker als ihr ehemaliger Traumann Johan entpuppt. Dies fรผhrt zwar zu einer Nummer in der Kรผche, doch so schnell wie sie sich gefunden haben, verlieren sie sich wieder.
Dies fรผhrt die Geschichte weiter zu Annas Untermieterin Camilla (Eillen Daly), die das genaue Gegenteil von Anna ist: Grell, dominant, Sex und Spaร liebend verbirgt sich hinter der brรถckelnden Fassade doch nur eine Frau, die sich โ getrieben von der Angst vorm รlterwerden – mehr nach einer Hilfe suchenden Umarmung als nach wildem Sex sehnt. Zu allem Unglรผck lรถst auch noch Johann Anna als Mieterin ab und gerรคt in Camillas Fรคnge.
Anna ist derweil auf der Flucht vor allem und auf der Suche nach sich selbst, was sie Dank eines Jobs nach Paris fรผhrt. Dort trifft sie auf den Theaterregisseur Pierre (Morten Schelbech), fรผr den sie Kostรผme entwerfen soll, aber auch auf die Theaterschauspielerin Sophie (Ovidie). Durch Irrungen und Wirrungen findet sie dank Sophies intimer Liebe und Verstรคndnis zu sich selbst, zu dem was sie will und wie sie es erreicht: Ein Happy End mit Johan!
Ob โAll About Annaโ nun wirklich die Verwirklichung von Porno-gerechten Frauentrรคumen ist, entzieht sich mir als Mann leider jeglicher Beurteilung. Dennoch kann man unter Bezug dieses Anspruches und der โPuzzy Powerโ Dogmen das Resultat als gelungen bezeichnen. โAll About Annaโ bietet dem Zuschauer eine echte und sinnlich inspirierte Story, die wohl eher weiblichen Fantasien entspricht als es bei sonstigen Genre-Produktionen der Fall ist.
Das Augenmerk bei den Hardcore-Szenen liegt dementsprechend auch weniger auf dem eigentlichen Akt, sondern betont viel mehr die damit verbundenen Gefรผhle und Leidenschaft.
Wenn auch mit einem Hauch zum Kitsch verbunden, ist es Regisseurin Jessica Nilsson in einigen Szenen durchaus gelungen eine erotische Spannung aufzubauen und diese auch glaubwรผrdig dem Zuschauer zu vermitteln.
Dies hat natรผrlich entsprechend kurze Hardcore-Szenen zur Folge, was dem erotischen Gehalt des Films aber vielmehr zu Gute kommt, als dem Genuss zu schaden. Gerade diese verhรคltnismรครige brave Inszenierung und der Verzicht auf die รผblichen Sperma-Fluten und Anal-Exzesse, hebt diesen Film wohltuend von den รผblichen Gonzo-Kรถrpermaterial-Schlachten und โExzessen ab. Ein Umstand, der nicht nur schรถn, sondern wichtig ist. Zudem beweist โAll About Annaโ das Filme mit derartiger Intention durchaus auch qualitativ immer besser werden.
Interessant in diesem Zusammenhang ist auch der Umstand, dass seitens der Konzeption der Film weder mit extremen harten, wie mit softeren Sex-Szenen funktionieren wรผrde. Die Mischung ist hier wirklich der Schlรผssel zum Erfolg. Dies tรคuscht aber auch nicht darรผber hinweg, dass es auch noch einige offensichtliche Schwรคchen zu รผberwinden gilt, was sich hier auch in zwei Versionen widerspiegelt.
Aber sieht man รผber die unterschiedlichen Auffassungen von Erotik zwischen den Produzenten und der Regisseurin hinweg, bewegt man sich hier schon in der Liga von Arthouse- und Independent-Produktionen und nicht mehr im schnell und billig produzierten Pornofilm-Ambiente.
Dies spiegelt auch das wunderschรถn aufgemachte DVD-Pack wieder, welches ein Booklet und drei DVDs umfasst (eine genaue Auflistung der Extras folgt am Ende des Reviews).
Neben all diesen Aspekten รผberzeugt auch die Musik und die realen Set-Locations. So wurde in Gry Bays Appartment gedreht, was bei der Szene im Wohnzimmer neugierige Nachbarn ans Fenster lockte, sowie neben Kopenhagen auch in Paris.
Dies fรผhrt zu den Schauspielern, von denen Gry Bay als Anna wohl die eindrucksvollste Leistung abliefert. Bekannt aus dem TV (Dr. Monika Lindt), ist Gry Bay in den letzten Jahren oftmals unter den โTop 100 sexiest womenโ zu finden. Doch Gry ist zudem auch ein anerkannter Musicalstar (West Side Story, Grease).
รber den franzรถsischen Erotikstar Ovidie ist wohl das wichtigste hinlรคnglich bekannt.
Die Englรคnderin Eileen Daly (zu sehen in der Rolle der Camilla) zรคhlt zu den Fetisch-Ikonen Englands und ist als Model und Sรคngerin bekannt. Seit den 90er Jahren arbeitet sie auch als Schauspielerin und neben ihrer Arbeit fรผr Redemption Video setzte sie in โRazor Blade Smileโ als bewaffneter und in Leder gekleideter Vampir einen Trend im Actionfilm, den spรคtere weibliche Heldinnen in โMatrixโ, Blade 2โ und โUnderworldโ gerne aufgriffen haben.
Bei den mรคnnlichen Schauspielern handelt es sich zumeist um etablierte Film- und Theaterschauspieler.
Regisseurin Jessica Niellson, die hier ihren ersten Erotikfilm ablieferte, wurde schon mit diversen Filmpreisen fรผr ihre anderen Werke ausgezeichnet.
Qualitรคt zahlt sich aus und wenn โAll about Annaโ sicherlich nicht der pornografische Film des Jahres ist, so ist er doch zumindest der โerotische Film des Jahresโ. Auรergewรถhnlich gut!
All About Anna
Land / Jahr: Dรคnemark 2005
Laufzeit: ca. 91 Min.
Studio / Vertrieb: Innocent Pictures / Zentropa Productions
Regie: Jessica Nilsson
Darsteller: Gry Bay, Mark Stevens, Eileen Daly, Thomas Raft, Morten Schelbech, Thomas Lundy, Ovidie
Format (Bild + Ton): DVD PAL 4:3, DD 2.0 (engl./dk)
Extras: Disc 1: โAll about Annaโ (Producers Hardcore-Cut) - ca. 91 Minuten.; Audio commentaries: Gry Bay, Mark Stevens, Eileen Daly, Ovidie; Untertitel (optional) in Dรคnisch und Englisch.
Disc 2: รber 2 1/2 Stunden Bonus-Material, inklusive: โAll about Annaโ (Director's alternative version); โThe Love - Making of All about Annaโ: Documentary by award-winning filmmaker Mads Tobias Olsen; โDanisch Erotic Film Classicsโ: Text essay by noted film historian Ebbe Villadsen; โPainting Annaยดs Apartmentโ: Longer version; Complete, unedited takes from four sex scenes!; Trailer & TV-spot; Photo gallery; Easter Egg; Complete screenplay, original proposal & step outline.
Disc 3: ca. 50 minutes of sizzling sex scenes from Pink`O New Line, featuring world-class models, luxurious locations and stunning cinematography.
Booklet: Illustrated 16-page souvenir booklet, including Zentropaยดs complete, original Puzzy Power manifesto