Man soll nicht meinen, dass der pornographische Film erst zu Beginn der 70er Jahre entstanden ist, als die Gesetze in Ländern wie den USA oder Deutschland lockerer wurden. Gerard Damianos Deep Throat von 1972 oder „Behind the Green Door“ der Mitchell- Brüder aus demselben Jahr gelten gemeinhin als die Klassiker im Genre des Porno-Films. Dies kann man gelten lassen, wenn man dabei von den legalen und für den breit angelegten Markt produzierten Filmen spricht. Tatsächlich aber ist der pornographische Film so alt wie die Erfindung der Kamera.
Porno: Am Anfang war das Bild
Gehen wir daher zurück in das Jahr 1839. In diesem Jahr kaufte der französische Staat die Erfindung eines gewissen Louis Jacques Mandé Daguerre (1787 – 1851). Kurz darauf als Daguerreotypie bekannt, handelte es sich dabei um einen Vorläufer zur Photographie. Dem Franzosen war es gelungen, Kamerabilder dauerhaft zu fixieren und innerhalb kürzester Zeit gab es bereits die ersten pornographischen Aufnahmen.
Die Darstellungen reichten von zunächst harmlosen Aktportraits über die Nachstellung klassischer Szenen bis hin zur Darstellung von lesbischer Liebe und S/M-Spielen. Diese Photographien kursierten natürlich nur unter der Hand, doch waren sie schon damals absolut keine Seltenheit. Im Gegenteil, lässt sich doch erkennen, dass bereits damals eine ähnliche Bandbreite im Bereich der Erotik abgedeckt wurde wie heutzutage.
Lediglich bei der Verbreitung konnte man noch nicht auf die Mittel der Massenkommunikation zurückgreifen. Hätte es schon das Fernsehen gegeben und wären die Gesetze nicht dermaßen streng gewesen, so gäbe es aus den alten Tagen sicherlich ungleich mehr Material dieser Art.
Vom Bild zum Film
Mit dem Film verhält es sich genauso wie mit der Photographie. Kaum war Ende des 19. Jahrhunderts das bewegte Bild von den Brüdern Lumiere erfunden, gab es auch schon die ersten Filme frivoler Natur. Sicherlich ist viel von dem alten Material inzwischen verschütt gegangen. Von daher ist es schwer, genau zu datieren, wann der erste richtige Pornofilm entstanden ist.
Allgemein gilt „A L’Ecu d’or ou La Bonne Auberge“ aus dem Jahre 1908 als das Pionierwerk. Erzählt wird die Geschichte eines Musketiers, der in einer Herberge nichts mehr zu Essen bekommt, stattdessen aber von der Tochter des Wirts auf ihre Weise entschädigt wird.
Als besonderen Witz haben die (heute nicht mehr zu identifizierenden) Macher des Films Untertitel auf einer Speisekarte eingeschoben, die den jeweiligen sexuellen Akt in einer kulinarischen Abwandlung bezeichnen. Gleichzeitig etablierte „A L’Ecu d’or…“ das Subgenre des Kostümfilms, welches bis heute immer noch oft und gerne im Bereich des Erotikfilms verwendet wird.
Französische Delikatessen der Pornografie
Die Szene des französischen Pornofilms galt in den nächsten Jahren als die Anspruchsvollste. Grund dafür war, dass sich die Modelle aus der gehobenen Klasse und der Edelprostitution rekrutierten. Die Plots der Filme aus den 10er Jahren waren allerdings meist sehr einfach.
Oft geht es um eine Frau, die allein zu Hause sitzt und durch eine Inspiration wie ein Buch oder einen penisähnlichen Gegenstand zu träumen beginnt, sich entkleidet und selbst befriedigt. Andere Geschichten beinhalten das „Doktorspiel“, den „geilen Einbrecher“ oder den „heimlichen Spanner“, die allesamt dazu dienten, Aufhänger für pornographische Aufnahmen zu sein.
Zu dieser Zeit war der auf Film gebannte Geschlechtsakt schier sensationell. Technisch waren jene Vignetten freilich sehr einfach gehalten. In der Regel gab es nur eine Kameraposition, dürftige Ausleuchtung und – wie gesagt – sehr einfache Handlungen.
Speziell der amerikanische Pornofilm war in den 10er Jahren ambitionslos und verband bestenfalls die sexuellen Aspekte mit einigen Momenten des für diese Zeit typischen Slapstick.
Französische Tendenzen
Bereits in den 20er Jahren jedoch gab es in Frankreich die ersten originelleren Produktionen zu bestaunen. Allen voran machte sich insbesondere der Regisseur Bernard Nathan einen Namen. Er drehte Filme, die nicht öffentlich, (z.B. auf dem Jahrmarkt) gezeigt wurden, sondern ausschließlich hinter verschlossenen Privattüren. Daher konnte er es sich auch erlauben, Tabubrüche zu begehen.
Sein Film „Les Filles de Loth“ (1920) beispielsweise ist eine „Bibelphantasie“, die lesbische Liebe, Sodomie und Fetischismus zeigt. Darüber hinaus prägte er einen eigenen Stil, der sich von der Masse der anderen produzierten Pornos abhob. So gibt es in dem Streifen „Cirque Erotique“ (1923) einen Clown, der mit einer Tänzerin den Geschlechtsakt am Trapez vollzieht.
Ein weiterer Franzose mit dem Pseudonym „Diminique“ verlegte sich im Gegensatz dazu auf Realismus. In seinen Filmen gab es alltägliche Geschichten über lüsterne Hausfrauen und dergleichen. „Dominique“ zeigte den kleinbürgerlichen Sex, der von heute aus gesehen als authentisch gewertet werden kann.
Filmgeschichtlich vertreten diese beiden Regisseure zwei Richtungen: die „Tendenz Lumière“ (dokumentarisch-realistisch) und die „Tendenz Méliès“ (fiktiv-phantastisch).
Im Pornofilm der 10er und 20er Jahre gab es also die Unterscheidung zwischen dem anspruchsvolleren Luxusprodukt, welches in den gehobenen Bordellen zu sehen war, dem Durchschnittsprodukt, welches in Cafés der mittleren Klasse bewundert werden konnte, und dem, in Amerika weit verbreiteten Slapstick-Porno.
Einige dieser alten Schätze sind heute auf den „Antik Sammlungen“ der verschiedenen Video Anbieter zu sehen und in den nächsten Ausgaben werden wir auch einige davon vorstellen.
Im zweiten Teil werden wir uns dem pornographischen Film aus Europa zur Kriegszeit und dem frühen amerikanischen Pornos widmen. Bis dahin: Viel Spaß bei der archäologischen Suche!